Vogelkadaver werden zu Brennstoff

Was passiert mit den toten Vögeln auf Rügen? Als Tiermehl der Risikokategorie I werden sie in Kraft-, Stahl- oder Zementwerken verheizt. Noch ist die Tiermehlanlage in Malchin bei Schwerin nicht ausgelastet – aber Wochenendschichten sind schon geplant

von der Insel RügenBARBARA BOLLWAHN

Auf Rügen wurden bisher 2.865 Nutztiere vorsorglich getötet, um zu verhindern, dass die Vogelgrippe auf Stallgeflügel überspringt. „Keulen“ lautet der Fachbegriff. Doch von der ursprünglichen Bedeutung des Wortes, dem Erschlagen mit Keulen, kann nicht mehr die Rede sein. Schnell und lautlos werden die Tiere mit Kohlendioxid vergast.

Aber was passiert mit den Kadavern? Diese Frage stellt sich auch bei den verendeten Tieren, die im Friedrich-Löffler-Institut auf der Insel Riems getestet werden. Es ist die Firma „Saria Bio Industries“ mit Sitz in Selm bei Münster, die ihren Umsatz mit der Entsorgung macht. In ganz Deutschland gibt es 38 Tierkörperbeseitigungsanlagen, „Saria Bio Industries“ betreibt 14 davon. Das Unternehmen hat fast 3.000 Mitarbeiter an über 80 Standorten in acht Ländern – und ist auf etwas konzentriert, was vielen Menschen Ekel bereitet: auf Tierkörperentsorgung und Resteverwertung. Fast 90 Prozent sind Schlachtabfälle. Das Sonstige stammt aus Kantinen, Großküchen, Hotels und Gaststätten. Das eingesammelte Tiermaterial wird zu Mehl- und Fettprodukten oder Biodiesel verarbeitet.

Passend zu dem schnellen und lautlosen Töten der Tiere auf Rügen ist ihre Weiterverarbeitung. Sie ist fast unsichtbar. Die vergasten Tiere werden in geschlossenen Containern abgeholt und in die Tierkörperverwertungsanlage in Malchin in der Nähe von Schwerin gebracht. Presse ist dort aus seuchenhygienischen Gründen grundsätzlich nicht erlaubt. „Außerdem ist kaum etwas zu sehen“, sagt Unternehmenssprecher Klaus Andreas. „Und Rohware lassen wir nie fotografieren“, führt er weiter aus, „das sieht schrecklich aus.“

Der Pressesprecher beschreibt das Verfahren: Die toten Tiere werden in eine Rohwarenanlage abgekippt, über eine Schnecke gezogen, auf 50 Millimeter verkleinert, bei drei Bar Druck und 133 Grad in Sterilisatoren gekocht. Das ergibt nach gut zwanzig Minuten einen sterilen Fleischbrei, der entfettet, getrocknet und noch einmal zerkleinert wird, bis zum Schluss steriles Mehl der Kategorie 1 übrig bleibt. Das meint: Es besteht aus risikobehaftetem Material. In verplombten Fahrzeugen wird es zur Verbrennung in Kraft,- Stahl- oder Zementwerke geschafft. Seit der BSE-Krise gilt ein generelles Tiermehl-Verfütterungsverbot.

Es gibt auch weniger kontaminiertes Mehl: Kategorie 2 darf als Felddünger verwendet werden – es enthält etwa die unverkäuflichen Innereien von Schweinen. Kategorie 3 ist sogar für die normale Kompostanlage geeignet; das Mehl besteht aus „schlachttauglichen Tierkörperteilen“.

Bis zu zwanzig Tonnen können in einer Stunde in Malchin verarbeitet werden. Pressesprecher Andreas schätzt, dass bisher etwa sechs Tonnen aus Rügen verarbeitet wurden. „Das ist im Augenblick noch sehr wenig.“ Sollte der Vogelgrippevirus Nutztierbestände befallen, kann die Anlage in Malchin in drei Schichten und auch am Wochenende arbeiten. „Man muss sich auf die Gefahr einstellen.“