: Der Nachwuchs futtert sich pleite
Studie: Für Teenager birgt der Fastfood-Imbiss ein größeres Schuldenrisiko als das Handy
BERLIN taz ■ Das Handy hat offenbar zu Unrecht den Ruf, den Nachwuchs in die Schuldenfalle zu treiben: Auf der Liste der Verschuldungsursachen bei Kindern und Jugendlichen steht es ganz am Ende. Das zumindest ergab eine repräsentative Studie, die gestern die Kreditauskunftstelle Schufa vorstellte.
Demnach besitzen zwar 70 Prozent der Minderjährigen zwischen 10 und 17 Jahren ein Mobiltelefon. Doch anscheinend haben die meisten inzwischen gelernt, die Geräte einigermaßen kostenbewusst zu benutzen – zum Beispiel mittels Guthabenkarten, bei denen die Gesprächskosten bereits im Voraus bezahlt werden müssen. Im Gegensatz zu einem Langzeitvertrag können die Kosten so begrenzt werden.
„Unsere Erhebungen zeigen, dass die Kinder und Jugendlichen rational mit ihrem Geld umgehen“, resümiert Elmar Lange von der Universität Bielefeld, der die Studie leitete. Für die Schufa-Umfrage „Schuldenkompass“ sind über 1.000 Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren sowie je ein Elternteil befragt worden.
Laut der Studie sparen rund 84 Prozent der befragten Minderjährigen einen Teil ihres Geldes. Das durchschnittliche Sparguthaben beträgt gut 1.000 Euro. Dennoch sind mehr als 380.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland derart verschuldet, dass sie das geliehene Geld nicht mehr selbst zurückbezahlen können. Das sind 6 Prozent der Altersgruppe. Nur in jedem hundertsten Fall ist das Handy schuld an der finanziellen Schieflage. Im Durchschnitt belaufen sich die Schulden dieser Kinder auf 72 Euro.
Elmar Lange hält diese Quote nicht für dramatisch: „Diese 6 Prozent müssen mit ihrer Verschuldung gegen die Wand laufen, erst dann lernen sie den vernünftigen Umgang mit Geld“, sagt der Wissenschaftler.
Wenn Kinder und Jugendliche sich verschulden, dann vor allem für Fastfood. 23 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich für Fastfood schon einmal Geld geliehen haben. Häufig sind auch Ausgaben der Teenies für Kleidung und Unterhaltungselektronik problematisch.
Ob sich ein Kind verschuldet oder nicht, hat laut der Schufa-Studie nichts mit dem sozialen Hintergrund der Minderjährigen zu tun. „Verschuldete Kinder und Jugendliche stammen nicht aus zerrütteten Familien“, erklärt Lange. Sie seien vielmehr „in allen Gruppen und Schichten“ zu finden.
Frank Wiedenhaupt von der Schuldnerberatung in Berlin-Neukölln sieht dieses Ergebnis der Studie in seinem Arbeitsalltag allerdings nicht bestätigt: „Je schlechter die Schulbildung, desto mehr Schulden haben die Jugendlichen“, beobachtet der Berater bei seiner täglichen Arbeit. „Wichtig ist, dass die Kinder früh lernen, wie man richtig mit Geld umgeht“, so Wiedenhaupt.
Um den Nachwuchs fit zu machen für den Umgang mit Geld, fordert der Bielefelder Jugendkonsumforscher Lange an den Schulen Unterricht in Finanzfragen. Ein Vorhaben, das auch Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) positiv bewertet. CIGDEM AKYOL