Antimon aus der Plastikflasche

Heidelberger Geochemiker stießen in Mineralwässern auf erhöhte Antimonwerte. Das kaum bekannte Halbmetall wird bei der Produktion von PET-Flaschen eingesetzt. Offenbar werden in den Kunststoffflaschen verbleibende Antimonreste freigesetzt

VON KARL HÜBNER

Wissenschaftler vom Institut für Umwelt-Geochemie der Universität Heidelberg haben in Mineralwässern Spuren von Antimon nachgewiesen. Die Werte waren immer dann erhöht, wenn das Wasser in PET-Kunststoff-Flaschen abgefüllt war. Ganz überraschend kam der Befund nicht, schließlich wird bei der Herstellung des Polyethylenterephthalats (PET) Antimontrioxid eingesetzt. Offensichtlich bleiben Spuren des chemischen Elements im Kunststoff zurück und werden vom Mineralwasser dann herausgelöst.

Insgesamt haben die Geochemiker 63 Wässer untersucht – 15 aus Kanada und 48 aus Europa, davon 13 aus Deutschland. Bei drei deutschen Marken machten sie zudem jeweils den direkten Vergleich zwischen Glas- und PET-Flaschen-Abfüllungen. Stammte das Wasser aus den PET-Flaschen, waren die Antimonwerte bis zu 30-mal so hoch wie bei den gleichen Wässern aus Glasflaschen. Außerdem stellten die Heidelberger Forscher fest, dass der Antimongehalt stieg, je länger das Wasser in den Plastikflaschen aufbewahrt wurde.

Bei einer deutschen Marke machten sie auch den direkten Vergleich mit dem reinen Quellwasser. In diesem lag der Antimon-Gehalt bei vier Nanogramm (Milliardstel Gramm) je Liter. Dasselbe Quellwasser aus einer PET-Flasche im Supermarkt enthielt die 90-fache Menge. Die insgesamt höchsten Werte wurden bei zwei Proben aus Frankreich und Italien gefunden.

Dass die gemessenen Antimonkonzentrationen ein gesundheitliches Risiko darstellen, ist – nach derzeitigem Wissen – unwahrscheinlich. Alle gefundenen Werte liegen unterhalb von einem Mikrogramm (1.000 Nanogramm) je Liter. Der Grenzwert für Trinkwasser beträgt in der EU fünf Mikrogramm, in Japan zwei pro Liter. In der Schweiz existiert gar kein Grenzwert.

Diese Unterschiede sind eher Ausdruck dessen, dass das Wissen um die Toxizität des – bei Nichtchemikern nur wenig bekannten – Antimons und seiner Verbindungen noch relativ gering ist. Zwar weist das Halbmetall eine gewisse chemische Verwandtschaft mit Arsen auf, aber einen direkten Schluss auf vergleichbare Eigenschaften im menschlichen Körper lässt das allein noch nicht zu.

Hinzu kommt, dass – aufgrund der eingesetzten Analysemethode, einer Plasma-Ionisierung gefolgt von einer Massenbestimmung – gar nicht festgestellt werden konnte, in welcher chemischen Form das Antimon eigentlich im Wasser vorliegt. Üblicherweise wird auch von diesem Umstand die Toxizität mitbestimmt. Ohnehin: Werte im Bereich von Nanogramm je Liter sind relativ niedrig. Bestimmungen in dieser Größenordnung waren überhaupt nur möglich, weil die Heidelberger über ein – sehr teures – Hochreinraumlabor verfügen, in dem keine sonst störenden Hintergrundwerte aus der normalen Umwelt die Messwerte verfälschen.

Üblicherweise nutzen die Geochemiker diese Infrastruktur vor allem für die Bestimmung von Antimonspuren in der Natur, um mehr über den Kreislauf dieses Elements zu lernen. So konnten sie etwa in Eisbohrkernen aus der kanadischen Arktis nachweisen, dass dort der Antimongehalt in den vergangenen drei Jahrzehnten um etwa die Hälfte zugenommen hat.

Als Quelle für die zunehmende globale Verbreitung von Antimon über die Atmosphäre gilt vor allem der Einsatz von Antimonoxid als Flammschutzmittel etwa in Kunststoffen. Irgendwann landen solche Plastikteile auf Müllkippen oder in Müllverbrennungsanlagen, und das Antimon entweicht in die Atmosphäre.

Ganz am Rande waren die Heidelberger auf die Idee gekommen, ihr analytisches Know-how auch auf Mineralwässer anzuwenden. „Es war ja bekannt, dass Antimontrioxid als Katalysator für die PET-Herstellung eingesetzt wird“, so Michael Krachler, der am Institut für Geochemie die Messungen durchführte.

In einer Pressemitteilung der Universität Heidelberg weisen die Chemiker darauf hin, dass es durchaus möglich wäre, bei der PET-Herstellung auf Antimon zu verzichten. In Japan beispielsweise werde als Katalysator eine Titanverbindung eingesetzt.

Technisch realisierbar sind aber auch andere PET-Verbesserungen. So bietet etwa das Mainzer Joint-Venture „Schott SIG Barrier Technologies“ ein so genanntes Plasma-Impuls-Beschichtungsverfahren an. Dabei sorgen Mikrowellenimpulse dafür, dass sich aus einem geeigneten Gas ein hauchdünner, glasartiger Siliciumdioxid-Überzug auf Kunststoffen abscheidet. Weiterer Vorteil einer solchen Schicht: Deren Barriereeigenschaften behindern dann auch das Ausgasen von Kohlensäure oder das Eindringen von Sauerstoff.

Die Recycelbarkeit des PET wird durch die zusätzliche Schicht aus Siliciumdioixd nicht beeinträchtigt. Erste Hersteller von Saft- und Salatölflaschen setzen das neuartige Verfahren inzwischen auch schon ein.