: Fit für Deutschland
Bielefelder Fitnessstudio führt Deutschzwang für seine Kunden ein. Migrationsrat spricht von Verletzung der Menschenrechte. Auch dem CDU-Integrationsbeauftragten geht das zu weit
VON SEBASTIAN HEISER UND NATALIE WIESMANN
Die Deutschpflicht greift um sich: Ein Bielefelder Fitnessstudio fordert von seinen Kunden, dass sie ausschließlich Deutsch miteinander sprechen. Das solle die Integration fördern und „eine intakte Kommunikation aller Trainierenden gewährleisten“, erklärte das Studio gestern in einer Stellungnahme. Der Bielefelder Migrationsrat spricht dagegen von „Ausgrenzung, Diskriminierung und Verletzung von Menschenrechten.“
Auslöser des Streits ist der Fall von Volkan Aksu (22) und Dilan Nakipoglu-Floth (28). Gemeinsam meldeten sie sich im „aktuellen Fitness-Studio“ in der Bielefelder Rohrteichstraße an. Beide sprechen fließend Deutsch, aber während des Trainings sprachen sie Türkisch miteinander. „Bei unserem vierten Besuch hat uns eine Trainerin zu einem Gespräch gebeten“, erzählt Aksu. Dort wurde ihnen nahe gelegt, sie sollten doch bitte Deutsch sprechen. „Dabei soll sich nicht einmal jemand über uns beschwert haben“, sagt Aksu. Mit der Androhung einer Kündigung verließen die beiden verärgert das Studio. Doch der Inhaber kam ihnen zuvor: Zwei Tage später lag eine von ihm unterschriebene Kündigung des Vertrages im Briefkasten.
Zunächst hatten Aksu und Nakipoglu-Floth gehofft, dass der Betreiber die Sache mit einer Entschuldigung aus der Welt räumt. Doch jetzt, wo das Studio sein Deutschgebot rechtfertigt, reicht ihnen das nicht mehr aus. „Ich will das Studio anzeigen“, sagte Aksu gestern der taz.
Hilfe bei der Rechtsberatung leistet dabei die Landesregierung. Ein Sprecher von Landesintegrationsminister Armin Laschet (CDU) bestätigte gestern, dass sein Haus die Betroffenen unterstützt: Man sei dabei, den Kontakt zu einem Anwalt herzustellen, der in einem Antidiskriminierungsbüro arbeitet und sich mit der Materie auskennt.
Aksu und Nakipoglu-Floth wandten sich auch an die türkischsprachige Boulevardzeitung Hürriyet. Die heizte daraufhin die aktuelle Debatte um einen möglichen Kampf der Kulturen an: Hürriyet verglich den Fall mit der umstrittenen Deutschpflicht auf einem Berliner Schulhof und titelte auf der ersten Seite „Gestern in der Schule – heute im Sportstudio – wo morgen?“
Für Thomas Kufen, den CDU-Integrationsbeauftragten der nordrhein-westfälischen Landesregierung, ist der Vergleich nicht richtig: „Wenn eine Schulkonferenz sich darauf einigt, dass auf dem Schulhof Deutsch gesprochen wird, ist das eine Sache. In einem Fitnessstudio die türkische Sprache zu verbieten, geht zu weit.“
Dabei ist Bielefeld kein Einzelfall. Hartmut Reiners vom Anti-Rassismus Informations-Centrum in Duisburg: „Ich habe mehrere Berichte darüber gelesen, dass McFit auch anderswo Migranten abgewiesen haben soll.“