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Archiv-Artikel

Viel versprechen, wenig halten

BEDARF Eigentlich sollten die landeseigenen Wohnbaugesellschaften Wohnungen an Flüchtlinge vermieten. Das tun sie aber kaum

Wohnraum wird immer knapper in Berlin. Und Flüchtlinge gehören zu den Gruppen, die bei der Suche häufig leer ausgehen. 50 Prozent von ihnen wohnen nicht in eigenen Wohnungen, sondern in Wohnheimen. Vor drei Jahren waren das nur 15 Prozent.

Der Senat hat 2011 einen Vertrag mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften abgeschlossen, in dem sich die verpflichteten, pro Jahr 275 Wohnungen an Flüchtlinge zu vermieten. Angesichts von 6.000 Heimbewohnern nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch selbst dieser Tropfen wurde bisher nie erfüllt. Aus der Antwort der Sozialverwaltung auf eine Anfrage der Piratenfraktion geht hervor, dass 2011 im Rahmen dieses Kontingentes lediglich 38 Mietabschlüsse zustande kamen. 2012 waren es 113 Mietabschlüsse und in diesem Jahr bisher 25. Der Piratenabgeordnete Fabio Reinhardt verweist zudem auf deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Wohnungsbaugesellschaften: „Aus den Angaben der Senatsverwaltung geht hervor, dass sich die ‚Stadt und Land‘, die WBM und die Gesobau ihrer Verantwortung fast gar nicht stellen.“

Am wenigsten vertragstreu ist die „Stadt und Land“. Zur Vermietung von 40 Wohnungen pro Jahr an Flüchtlinge hat sich die Wohnungsbaugesellschaft verpflichtet. Tatsächlich schloss sie pro Jahr nur zwei bis drei Mietverträge ab. Unternehmenssprecher Frank Hadamczik verweist auf Schwierigkeiten, weil die Gesellschaft immer weniger frei werdende Wohnungen habe und es immer mehr Menschen mit sozialen Belegungsvorgaben gibt, an die sie vermieten muss. Neben Flüchtlingen gehörten dazu von Obdachlosigkeit betroffene und bedrohte Berliner sowie volljährig gewordene ehemalige Heimkinder. Hadamczik: „Oftmals sind Wohnungen im geeigneten Segment nicht verfügbar.“

Die Piraten hatten Nachverhandlungen mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gefordert. Der Senat solle die Vermietungspraxis entbürokratisieren, die Unternehmen zur Vermietung an Flüchtlinge anweisen können und Wohnungsunternehmen sanktionieren dürfen, wenn sie ihrer Pflicht nicht nachkommen. Der Antrag wurde allerdings im April mit den Stimmen der Koalitionäre SPD und CDU abgelehnt.

Die derzeitige Situation ist für Flüchtlinge unangenehm – und für das Land teuer. Denn ein Wohnheimplatz ist deutlich kostspieliger als eine Wohnung. Weil Heimplätze knapp sind, konnten deren Vermieter zudem in letzter Zeit stärker zulangen. Momentan zahlt das Land Berlin für einen Platz im Asylbewerberheim pro Person durchschnittlich 460 Euro. Dafür stehen einem Asylbewerber in der Regel nur sechs Quadratmeter Wohnraum zu. MARINA MAI