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Archiv-Artikel

Ministerium prüft Schulverbot für Kinder ohne Impfung

MASERN Bundesärztekammer plädiert sogar für Impfpflicht, um Maserninfektionen einzudämmen

„Eine Impfpflicht ist das einzig Sinnvolle“

ÄRZTEPRÄSIDENT MONTGOMERY

BERLIN dpa/epd | Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) prüft neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Masern. Es würden Änderungen des Infektionsschutzgesetzes in Betracht gezogen, bestätigte ein Ministeriumssprecher. Nach einem Bericht des Spiegels könnten künftig nicht geimpfte Schüler bei einem Ausbruch der Erkrankung in ihrer Schule befristet vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Bisher gibt es diese Möglichkeit nur bei erkrankten Kindern. Außerdem wird erwogen, die Gesundheitsämter zu verpflichten, schon bei der Aufnahme eines Kindes in den Kindergarten den Impfstatus abzufragen. Derzeit geschieht dies zu Schulbeginn. Allerdings könnten beide Maßnahmen erst nach der Bundestagswahl verabschiedet werden.

Die Bundesärztekammer fordert weitere Maßnahmen: „Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht ist eine Impfpflicht das einzig Sinnvolle“, sagt Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery dem Nachrichtenmagazin. „Bei Masern handelt es sich um eine hochansteckende Erkrankung mit hohem Gefahrenpotenzial für die nicht geimpfte Bevölkerung. Daher wäre es gut, wenn alle Kinder geimpft wären.“

Der verstärkte Ausbruch von Masern in diesem Jahr hat die Gesundheitspolitiker über Parteigrenzen hinweg alarmiert. „Wenn sich herausstellt, dass sich innerhalb eines Jahres die Impfquote nicht entscheidend verbessert, müssen wir über eine Impfpflicht nachdenken“, sagte Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) der Rheinischen Post.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schloss sich der Forderung an. Der Nutzen der Impfung gegen Masern überwiege mögliche Risiken und Nebenwirkungen bei Weitem, sagte Lauterbach der Zeitung. Der SPD-Politiker ist selbst Mediziner.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn (CDU), sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, grundsätzlich sollten nur Kinder, die geimpft sind, Kitas, Kindergärten oder Schulen besuchen dürfen. Denn „sonst gefährden sie andere Kinder“, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.“

Der Obmann der FDP im Gesundheitsausschuss, Jens Ackermann, hält eine Impfpflicht jedoch für nicht durchsetzbar: „Sollen Eltern, die sich gegen die Impfung ihrer Kinder weigern, ins Gefängnis?“ Das sei Unsinn, sagte Ackermann. Auch der Leiter der Ständigen Impfkommission, Jan Leidel, hält die Impfpflicht für kontraproduktiv. Die Kommission empfiehlt eine Impfung in zwei Durchgängen im Kleinkindalter. Sind die Masern erst einmal ausgebrochen, gibt es kein dagegen wirksames Medikament.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Ziel, die Masern bald auszurotten. Dabei steht Deutschland nicht optimal da. Allein im ersten Halbjahr 2013 wurden dem Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) mehr als 1.070 Fälle gemeldet, der Großteil in Bayern (478) und Berlin (400).