: Kindeswohl geht anders
HAASENBURG Sozialberatungsstelle Kids fordert Schließung des Jugendheimes. Nach eigenen Erkenntnissen seien die Misshandlungsvorwürfe glaubhaft
KIDS-TEAM
Im Streit um Misshandlungsvorwürfe im brandenburgischen Jugendheim Haasenburg haben sich jetzt die 13 SozialpädagogInnen des Kids, einer Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche am Hamburger Hauptbahnhof, zu Wort gemeldet. Sie fordern in einer ausführlichen Stellungnahme, alle Hamburger Jugendlichen aus der Haasenburg zurückzuholen und das Heim zu schließen.
Nach eigenen Angaben war das Kids „in der Begleitung der beiden Hamburger Jugendlichen involviert, die am 3. Juli aus der Haasenburg geflohen sind und mittlerweile gegen ihren Willen dorthin zurückgebracht wurden“. Zudem hätten sie schon „mehrmals Kontakt zu ehemaligen BewohnerInnen der Haasenburg gehabt, deren Schilderungen über Hausregeln, Erziehungspraktiken, physische und psychische Übergriffe sich unabhängig voneinander mit den aktuellen Vorwürfen gegen die MitarbeiterInnen der Haasenburg decken. Deshalb haben wir keinen Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen“, so die Kids-BeraterInnen.
Würden Jugendliche von ähnlichen Erziehungsmaßnahmen durch ihre Eltern berichten, würde kein Jugendamt zögern, sie in Obhut zunehmen, sind sie überzeugt. Auch wenn an den Anschuldigungen Zweifel bestünden, sollte zunächst „zum Schutz der Jugendlichen und nicht der Einrichtung entschieden werden“.
Aus 20 Jahren Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen, „die zum Teil ‚aus dem Rahmen fallen‘ und damit Aufnahmekriterien für geschlossene Heime erfüllen, wissen wir, dass es sinnvolle und erfolgreiche pädagogische Alternativen“ gebe, schreibt das Kids-Team: „Geschlossene Heime lösen die Probleme nicht, sondern verschärfen sie in der Regel.“
Im Streit um die Misshandlungsvorwürfe wird der Ruf der Opposition in Hamburg nach Konsequenzen lauter. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) werde immer unglaubwürdiger, finden Grüne und Linke. Scheele sollte „alle Kinder dort herausholen und den ernsthaften Willen zeigen, die Vorwürfe lückenlos aufzuklären“.
Zwei ausgerissene Jugendliche haben unterdessen ihre Misshandlungsvorwürfe wiederholt. Einer schildert einen sieben Monate zurückliegenden Vorfall im taz-Interview in dieser Ausgabe. Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) hatte vorige Woche drei Erziehern eine weitere Tätigkeit in drei Heimen untersagt und einen Belegungsstopp ausgesprochen. SVEN-MICHAEL VEIT
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