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Archiv-Artikel

CHRISTIAN RATH ÜBER REGELN FÜR PSYCHISCH KRANKE STRAFTÄTER Warten auf Karlsruhe

Am Anfang steht ein Freispruch. Doch psychisch kranke Straftäter können sich darüber selten freuen. Sie müssen zwar nicht ins Gefängnis, dafür aber in die Psychiatrie. Und während der normale Häftling wenigstens weiß, wann seine Strafe endet, müssen die psychisch kranken Täter hinter vergitterten Mauern bleiben, bis ein Gutachter ihnen Ungefährlichkeit bescheinigt.

Letztlich kommt es also auf Prognosen an, die mehr oder weniger unsicher sind. Die behandelnden Psychiater und externen Gutachter stehen unter Druck, dass ihnen ein Rückfall trotz positiver Prognose persönlich angelastet wird. Die Unterbringungszeiten dauern deshalb immer länger, im Zweifel wird weggeschlossen. Das letzte Wort haben zwar Richter, doch auch diese wagen es kaum, von der Empfehlung der Sachverständigen abzuweichen.

Der Fall von Gustl Mollath, der seit sieben Jahren aufgrund einer umstrittenen Wahnprognose in der bayerischen Psychiatrie sitzt, könnte Anlass sein, dass die Gesellschaft die in der Psychiatrie weggeschlossenen Straftäter mit etwas mehr Empathie betrachtet. Die bisherige Haltung „Lieber neun Leute unnötig lange einsperren, als einen zu früh rauszulassen“ gerät ins Wanken, wenn die Eingesperrten ein Gesicht bekommen wie Mollath.

Es ist daher gut, dass die Neue Richtervereinigung und Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger Reformvorschläge vorgelegt haben, die die Unterbringung in Psychiatrien vor allem zeitlich begrenzen. Erfolg werden sie in Deutschland aber wohl erst dann haben, wenn sie sich auf ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts berufen können. Nur wenn die Karlsruher Richter es verlangen, ist unsere Gesellschaft bereit, Risiken im Umgang mit Straftätern einzugehen.

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