Springers Ethik

Fauler Kompromiss

„Das späte Licht des Sonnentages verzaubert die Landschaft Arizonas wie mit dem matten Gold der Azteken.“ Bilder, so schief das Auge reicht. Und die Azteken wohnten auch weiter südlich. Macht nichts, wer wie der hier zitierte, berühmt-berüchtigte Reisekolumnist von Springers Welt ins „Golf-Paradies in der Wüstenwelt“ aufbricht, hat mattes Azteken-Gold bitter nötig. Schließlich legen die „Leitlinien zur Sicherung der journalistischen Unabhängigkeit“, die sich der Verlag 2003 verordnete fest: „Die Journalisten (…) tragen dafür Sorge, dass alle Kosten (Reisekosten, Bewirtungen etc.), die im Zusammenhang mit Recherchen entstehen, grundsätzlich durch die Redaktion übernommen werden.“

Und das, so damals der Verlag, gelte natürlich auch für den Reiseteil. Ade, Pressereise? So ganz dann auch wieder nicht: Reisen ist teuer, und Springer muss kommenden Mittwoch eine Rekordbilanz für 2005 verkünden. Deshalb findet sich am Ende von Geschichten über die „Heilenden Hände im Himalaya“ jetzt immer häufiger dezente Hinweise wie „Die Reise erfolgte auf Einladung von XY Airways und der Z-Hotelgruppe“. Ein Schritt zur Transparenz – und doch ein fauler Kompromiss.

Außerdem wird man den Verdacht nicht los, auch im Reiseteil sei mancher gleicher als gleich. Beim eingangs zitierten Einzug ins (Golf-)Paradies kosten zum Beispiel die Zimmer in den gleich drei erwähnten Luxusresorts von zwischen 300 und 600 Dollar. Pro Nacht und vor Steuern, versteht sich. Sorgenfrei der eingangs zitierte Springer-Reisende, der genüg mattes Gold dabei hat. Denn einen Hinweis auf eine Einladung sucht man in diesem Text vergeblich. STG