: Von wegen Tempelhofer Freiheit
NS-GESCHICHTE In der Gedenkstätte Deutscher Widerstand erinnert eine Schau an das KZ Columbiahaus
„Mit Fußtritten vom Auto heruntergehauen wurde das ‚Kommunistenschwein‘ zum Wachhabenden gebracht.“ So beschreibt ein kommunistischer Nazigegner seine Einlieferung in das Gefangenenlager Columbiahaus im Sommer 1933. Der in der antifaschistischen Exilpresse veröffentlichte Bericht ist in einer eben eröffneten Ausstellung in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand zu lesen, die die Geschichte des Konzentrationslagers am Tempelhofer Feld nachzeichnet.
Das Columbiahaus wurde im Juli 1933 als Haftlager der Gestapo in einer ehemaligen Militärstrafanstalt errichtet. Wegen der ständigen Misshandlungen und Demütigungen der Wachmannschaften war es von NS-GegnerInnen als Marterhölle in Berlin gefürchtet. Auf 31 Tafeln werden exemplarisch Biografien von Nazigegnern, die das Columbiahaus durchlitten hatten, vorgestellt. Zu den dort Inhaftierten zählten die Schriftsteller Kurt Hiller, Armin T. Wegener und Berthold Jacob. Der Pazifist und Mitarbeiter der Weltbühne Jacob verfasste schließlich in der Schweiz einen Bericht über seine Erlebnisse im Columbiahaus unter dem Titel, der auch der Ausstellung den Namen gab: „Warum schweigt die Welt?!“
Auch auf die gewerkschaftlichen und kommunistischen Gefangenen wird in der Ausstellung eingegangen. Auf drei Tafeln gibt es Informationen zu den im Konzentrationslager Columbiahaus inhaftierten und ermordeten Homosexuellen.
Auf der letzten Tafel wird aufgezeigt, dass fast alle Verantwortlichen für diese Verbrechen im KZ Columbiahaus nie bestraft wurden. Im Nachkriegsberlin war das Columbiahaus bald ebenso vergessen wie das Zwangsarbeiterlager, das später auf dem Tempelhofer Feld errichtet wurde. Dass heute auf Berlins grüner Lunge einige Stelen daran erinnern, ist engagierten BürgerInnen zu verdanken, die seit Langem einen Gedenkort an dem Platz einfordern, der immer noch Tempelhofer Freiheit genannt wird. Was nach dem Ausstellungsbesuch nur noch als Zynismus bezeichnet werden kann. PETER NOWAK
■ „Warum schweigt die Welt?!“: Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Stauffenbergstr. 13/14, bis 11. Oktober