: Oggersheimer Inferno
Mit seinen Plänen, dem ZDF ein Filmprojekt über Rudi Dutschke anzudienen, ist TV-Produzent Nico Hofmann („Dresden“) bisher gescheitert. Dafür wird es jetzt ausgerechnet – Ex-Kanzler Helmut Kohl
VON STEFFEN GRIMBERG
Nun gut, für die ganz große Fiction à la „Sturmflut“ und „Dresden“ reicht es zum Glück nicht. Dennoch: Dass Ausnahme-Produzent Nico Hofmann als Nächstes das Inferno von Oggersheim, genauer gesagt für das ZDF das Leben von Altbundeskanzler Helmut Kohl verfilmen will, passt wunderbar in die programm- wie rundfunkpolitische Strategie des zweiten öffentlich-rechtlichen Kanals.
Die Hofmann-Idee, sich filmisch auch um Rudi Dutschke zu kümmern, kam dagegen bei den Mainzern nicht so gut. Für das Projekt gebe es bei derzeit „keine Begeisterung“, klagte Hofmann im Tagesspiegel.
Was stört es da, dass Kohl ansonsten wenig Sinn macht: Es gibt bedeutendere Kanzler mit interessanteren Lebenswegen, Brandt zum Beispiel oder, wir sind schließlich beim ZDF, auch Adenauer. Doch deren Lebenslauf war dem Fernsehen bisher höchstens in Ausschnitten die Weihe eines TV-Movies („Im Schatten der Macht“ über Willy Brandts Rücktritt) wert.
Das Porträt werde aus „Interviews und der szenischen Darstellung“ von Kohls Lebens bestehen, hat nun der Programmdirektor des ZDF, Thomas Bellut, dem Focus gesteckt. Und man darf auf die gleißend hell ausgeleuchteten Szenen gespannt sein, die endlich klären, mit wem Kohl in der CDU-Spendenaffäre Kohle gegen die berühmten Ehrenworte tauschte.
„Kohl – Der Untergang“ im ZDF, das wäre dann wirklich was. Eine Zumutung, eine echte Herausforderung für den Sender, der sich nach den Worten seines Intendanten Markus Schächter stets als „gelebte große Koalition“ verstand. Doch bei der gegenwärtigen politischen Gemengelage im ZDF steht zu befürchten, dass sich hier jene Zurückhaltung durchsetzt, mit der der ehemalige ZDF-Chefredakteur Klaus Bresser dem damaligen Kanzler in „Was nun, Herr Kohl?“ entgegen trat.
Denn im entscheidenden Anstaltsgremium, dem Fernsehrat, haben dank der vergangenen Landtagswahlergebnisse jetzt erst recht die „Schwarzen“, also das Unions-verbandelte Stimmvieh, die Mehrheit. Was dazu führte, dass man den nach der Polit-Farbenlehre ebenfalls „schwarzen“ Schächter im vergangenen Herbst zur Sicherheit schon mal vorfristig bis 2012 als Intendanten bestätigte. Noch dazu mit quasi realsozialistischem Ergebnis – es gab nur eine einzige Gegenstimme. Die „große Koalition“ im ZDF funktioniert prächtig.
Außerdem ist da noch das Landsmannschaftliche, das alle Beteiligten verbindet: „Kohl wurde in Ludwigshafen geboren, Hofmann wuchs im gegenüberliegenden Mannheim auf“, so Bellut im Focus. Das reichtoffenbar, zumindest nach ZDF-Logik. Nun ist Nico Hofmann trotz Dutschke-Plan und charmanter Rotzigkeit nicht immer automatisch auf Seite der „Guten“ – für Springer forderte er kürzlich das Recht, die ProSiebenSat.1-Sendergruppe zu übernehmen. Und Kohl würdigte Hofmanns „Dresden“ gerade eben erst bei der Gala-Premiere als „einen der besten der Filme der Nachkriegszeit“. Doch die landsmannschaftliche Verbindung ist noch stärker. Zwar ist das ZDF natürlich eine föderal organisierte Anstalt aller Bundesländer. Doch es ist eben auch der Haussender vom Mainzer Lerchenberg. Mainz wiederum ist Hauptstadt von Rheinland-Pfalz. Der Ministerpräsident dieses Bundeslandes hieß lange Jahre Helmut Kohl. (In einer späteren CDU-geführten Landesregierung war ein gewisser Markus Schächter übrigens Sprecher der Kultusministerin).
Bedeuten muss das zunächst einmal noch gar nichts. Doch Hofmann wie das ZDF sollten höllisch darauf Acht geben, dass nicht der Eindruck entsteht, hier wachse zusammen, was absolut nicht zusammengehört.
Dafür gibt es neben all diesen Schwierigkeiten immerhin eine gute Nachricht: Nico Hofmann kann das erfolgreiche Strickmuster vom „Tunnel“ bis „Dresden“ für „Kohl“ übernehmen. Nur dass es diesmal eben um einen Mann zwischen zwei Frauen geht – und nicht umgekehrt. Aber reicht das schon für „Gechichte“?