HANNO BÖCK ÜBER DIE NEUE KLIMAWANDEL-STUDIE : Die arktische Zeitbombe
Es ist eine bizarre Situation: Der Klimawandel bedroht die Arktis – aber statt über den Schutz der Nordpolarregion nachzudenken, interessieren sich die Arktis-Anrainerstaaten vor allem dafür, wie sich der Rückgang des ewigen Eises ökonomisch ausnutzen lässt. Ölkonzerne wollen auch im hohen Norden fossile Rohstoffe fördern. So wird die Zerstörung der Arktis noch genutzt, um die Erderwärmung weiter anzuheizen.
Während der Klimawandel auf der weltpolitischen Agenda immer weiter in den Hintergrund rückt und auch in Deutschland die Emissionen wieder ansteigen, warnen Forscher: Die schmelzende Arktis ist eine tickende Zeitbombe, denn im Eismeer sind große Mengen von Methan gebunden, die, einmal freigesetzt, den Klimawandel nur weiter anheizen.
Die Forschung über die Methanfreisetzung in der Arktis ist noch vergleichsweise jung, vieles ist unklar. Es zeigt sich aber eine gefährliche Tendenz, die auch an anderer Stelle schon beobachtet wurde: Der Klimawandel beschleunigt sich selbst. Im schlimmsten Fall könnte sich die Erwärmung komplett verselbstständigen.
Das muss Konsequenzen für die Klimapolitik haben: Ein bisschen mehr Erwärmung könnte schon fatal sein. Diskussionen darüber, ob man das 2-Grad-Ziel einhalten muss, erscheinen da in einem anderen Licht.
Beunruhigend ist aber auch etwas anderes: Die Klimaforscher argumentieren vor allem mit ökonomischen Zahlen. Die Kosten einer sich erwärmenden Arktis lägen langfristig deutlich über den kurzfristig zu erzielenden ökonomischen Vorteilen aus der Ölförderung oder durch verkürzte Schiffsrouten nördlich von Russland. Als wären menschliches Leid, verschwindende Inselstaaten und Tote durch Extremwetter nicht Grund genug, den Klimawandel endlich ernst zu nehmen.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8