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Archiv-Artikel

Sabotage legt Reaktor lahm

Zwischenfall in südafrikanischem AKW: Greenpeace warnt, auch europäische Meiler seien gefährdet

VON SUSANNE HÄRPFER UND MARTINA SCHWIKOWSKI

Kein Hollywood-Thriller, sondern Realität: „Brigaden des Imam Haroon“ legten einen Reaktor des südafrikanischen AKW Koeberg lahm. Per Mail meldeten sie sich bei einer Radiostation: Mit Allahs Hilfe hätten sie in Kapstadt den Stromausfall verursacht. Ein Bolzen hatte einen Generator beschädigt.

Allerdings ist keineswegs gesichert, dass tatsächlich radikale Muslime für die Sabotage verantwortlich sind. Zwar sind Polizei und Geheimdienst zu keiner Stellungnahme bereit – doch sollen sie einen rechtsradikalen weißen Exbeschäftigten verdächtigen. Auch Anna Sabasteanski von „Terrorism Central“ vermutet gegenüber der taz eher einen Racheakt.

Der Schaden im AKW entstand im Dezember, die Bekennerschreiben tauchten aber erst jetzt auf, kurz vor lokalen Wahlen. Deshalb glaubt die Opposition, die Regierung wolle von ihrer Unfähigkeit ablenken. Denn im Meiler kam es immer wieder zu Pannen; Stromausfall plagt die Bewohner Kapstadts schon seit zwei Monaten. Die Mails wären dann Fälschungen, um auf die Spur militanter Muslime zu lenken.

Allerdings gibt es zahlreiche Verbindungen zwischen militanten Südafrikanern und al-Qaida, schreibt Terrorismusexperte Rohan Gunaratna von der Universität St. Andrews. Radikale Südafrikaner wurden in Pakistan verhaftet. Der stellvertretende Leiter des Essener Instituts für Terrorismusforschung, Wilhelm Dietl, hält es daher für möglich, dass die „Haroon Brigade“ zu den südafrikanischen Terrorgruppen People Against Gangsterism and Drugs (Pagad) oder Muslims against Global Oppression (Mago) gehört. Diese Terroristen verübten hunderte Bombenanschläge zwischen 1996 und 2000. „Simple Trittbrettfahrer sind die Verfasser der Bekenner-mails jedenfalls nicht“, so Dietl. Dafür seien die Schreiben zu typisch. Die Gruppe sei bereits vorher durch radikale Äußerungen im Internet aufgefallen, sagt auch der südafrikanische Webdesigner Samir Franciscus. Er hat die Mails bis zu Servern in Saudi-Arabien zurückverfolgt. Doch auch dies kann eine falsche Fährte sein, denn Internetadressen lassen sich fälschen.

Könnte es auch in Europa zu Sabotageakten in Atomkraftwerken kommen? „Jederzeit“, warnt Mike Townsley von Greenpeace International. „Es war immer sehr leicht für uns, die Sicherheit zu durchbrechen.“ Greenpeace hat im vergangenen Jahr Aktionen an Atomkraftwerken in Großbritannien und den Niederlanden durchgeführt. Ihnen gelang es, Risse auf die Meiler zu malen. „Bereits 2002 haben wir auch auf die Sabotage- und Terrorgefahr im südafrikanischen AKW hingewiesen“, betont Townsley.

Besonders pikant und eine Ironie des Schicksals sei es, dass die südafrikanische Regierung eigentlich am besten wissen müsste, wie gefährdet der Meiler ist. Townsley weist darauf hin, dass der ANC einst den Reaktor selbst in die Luft sprengen wollte – noch zu Widerstandszeiten gegen das Apartheidregime.