: Tacheles will ins Adlon ziehen
PROTESTAKTION Die Künstler wollen die Kaufhausruine freiwillig räumen und in das Nobelhotel am Brandenburger Tor umziehen. Der Hintergrund: Beide Immobilien gehören der Fundus-Gruppe
Die Betreiber des von der Zwangsräumung bedrohten Kunsthauses Tacheles haben eine äußerst unkonventionelle Exitstrategie präsentiert: Sie wollen ins Luxushotel Adlon am Brandenburger Tor ziehen. „Uns ist klar, dass dies ein eher ungewöhnliches Ansinnen darstellt, aber diese schweren Zeiten verlangen von uns allen Opferbereitschaft und kreatives Handeln“, sagte Tacheles-Vorstandsmitglied Martin Reiter am Donnerstag.
Hintergrund für das Angebot ist die bevorstehende Zwangsversteigerung des Kunsthauses nach der Insolvenz des Grundstückseigentümers, einer Tochtergesellschaft der Fundus-Gruppe. Die HSH Nordbank, die das Grundstückspaket verwaltet, will eine Räumungsklage gegen die im Gebäude arbeitenden Künstler noch im Laufe dieses Jahres mit allen Mitteln vollstrecken.
Zum „Fonds 31“ der Fundus-Gruppe gehört auch das Luxushotel Adlon am Brandenburger Tor. 5.000 Anleger haben über den Fonds rund 220 Millionen Euro ins Adlon gesteckt. Laut Medienberichten hat Fondsinitiator Anno August Jagdfeld bei einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung jüngst erreicht, das eine bereits für 2009 vereinbarte Mietstundung für Bars und Restaurants der Adlon Holding bis Ende 2011 verlängert wird.
Die Betreiber des Tacheles bieten nun an, in den Südflügel des Hotels zu ziehen und offerieren dafür 10.000 Euro Miete monatlich. Im Gegenzug schlagen sie vor, dass Bars und Restaurants vom Adlon ins Kunsthaus Tacheles wechseln sollen, das sich seit 1990 in der Ruine der ehemaligen Friedrichstraßenpassage an der Oranienburger Straße befindet.
Hohe Mietforderung
Das vor allem bei Touristen beliebte Kunsthaus mit Ateliers und Werkstätten zieht jährlich laut Aussage der Betreiber über 300.000 Besucher an. Der Trägerverein soll jetzt eine Monatsmiete von 17.000 Euro zahlen, was für ihn nach eigenen Angaben zu viel ist. „Wir denken, dass die für diese ‚Ruine‘ überhöhte Miete an diesem Ort von der Adlon Holding aufgebracht werden könnte“, sagte Reiter. Zumindest zu Beginn des Mietverhältnisses könnte das Unternehmen von den Besucherströmen des „ehemaligen“ Kunsthauses profitieren. Sein „selbstloses Angebot“ versteht der Verein nach eigenen Angaben als einen Appell, die „Krise“ gemeinsam zu meistern.
Der schrille PR-Gag ist der jüngste Versuch der Künstler, die Öffentlichkeit auf ihre prekäre Lage aufmerksam zu machen. Alle Versuche, mit der kreditgebenden HSH-Nordbank zu verhandeln, sind bislang gescheitert. Auch ein Appell des Kulturstaatssekretärs André Schmitz stieß beim Bankvorstand auf taube Ohren. ddp, taz