: Üppige Subventionen für Agrarfabriken
Deutsche Bauern erhalten jedes Jahr 6 Milliarden Euro. Wofür? Das will die Initiative „Wer profitiert“ ergründen
BERLIN taz ■ Das System ist ungerecht: Ein Prozent aller Agrarbetriebe in Deutschland heimst ein Drittel der Subventionen ein. Und wofür? Sorgen sie für besonders leckeres Obst und Gemüse? Schonen sie das Grundwasser? Schaffen sie neue Jobs? Was mit dem Geld passiert, ist unklar. 21 Agrar-, Umwelt- und Entwicklungsverbände haben die Initiative „Wer profitiert – für Transparenz bei Agrarsubventionen“ gegründet und fordern jetzt Daten von CSU-Bundesagrarminister Horst Seehofer.
Wer bekommt vom 40 Milliarden Euro schweren europäischen Agrartopf wie viel – das wissen seit 2004 die Dänen, seit 2005 die Briten. Die Regierungen haben längst die Namen und die Summen veröffentlicht. Nun kann jeder nachlesen, wie viel die englische Queen kassiert – 2004 waren das zum Beispiel 1,1 Millionen Euro. In Deutschland hingegen sind die Daten Geheimsache. Das Bundesagrarministerium fühlt sich nicht zuständig. „Das sind die Länder“, sagt eine Sprecherin. „Doch auch die Länderbehörden verweigern die Offenlegung“, kritisiert Marita Wiggerthale von Oxfam. Die Ämter würden die Interessen der Subventionsempfänger schützen – und nicht die Anliegen der Steuerzahler.
So viel ist aber klar: Jedes Jahr fließen 6 Milliarden Euro an die deutschen Bauern. Den dicksten Batzen bekommen die Agrarfabriken in Nord- und Ostdeutschland. Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, grüner EU-Parlamentarier und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, rechnete gestern vor: Ein rationalisierter Großbetrieb, der fünf Leute beschäftige, könne im Jahr 800.000 Euro einstreichen. „Die EU-Agrarpolitik muss umgebaut werden“, sagt er – hin zu einem Modell, das Jobs fördert, die Umwelt schont und gutes Essen liefert.
An den direkten Subventionen lässt sich allerdings momentan wenig ändern. Diese so genannte erste Säule des Agraretats ist bis 2013 festgeschrieben. Also kürzten die Staatschefs im letzten Dezember auf dem EU-Haushaltsgipfel die zweite Säule, den Topf für die ländliche Entwicklung. Diese Gelder finanzieren Ökobauern oder Hofkäsereien. Von 2007 bis 2013 sind für bäuerliche Regionen europaweit nun noch 70 Milliarden Euro veranschlagt, für direkte Zahlungen 293 Milliarden. Die Großbetriebe werden auch künftig die Hauptprofiteure sein.
Diesen ökologischen und arbeitsmarktpolitischen Wahnsinn prangern die Umwelt- und Agrarverbände mit ihrer Transparenzoffensive an. „Wir wollen eine Alternative zur traditionellen Subventionspolitik“, erklärte gestern Tanja Dräger de Teran vom Umweltverband WWF. HG
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