: Drei Schwestern im Casino
BETHANIEN Ab Mai gibt es in der Kantine des einstigen Krankenhauses Essen und Kultur. Hinter den „Drei Schwestern“ stecken zwei Kulturmanager aus Mitte
ANKE SCHUSTER (GSE)
VON NINA APIN
Im ehemaligen Diakonissenkrankenhaus Bethanien sollen bald wieder Schwestern wirken – allerdings nicht mit der Spritze, sondern mit Kochlöffel und Bassverstärker. „Drei Schwestern“ heißt das neue Restaurant, das im Mai im ehemaligen Casino im Bethanien-Erdgeschoss eröffnen soll. Neben Speisen, Getränken und einem Biergarten wird es dort auch Konzerte, Theater und Lesungen geben.
Für das neue Lokal haben sich Wolfgang Sinhart vom White Trash Fast Food und Michael Böhl, Produktionsleiter beim Admiralspalast, zusammengetan. Im ehemaligen Schwestern-Speisesaal wollen die Kulturmanager gutbürgerliche Küche und „ein unaufgeregtes, aber exquisites Kulturprogramm“ anbieten, wie Michael Böhl sagt.
Sinhart und Böhl, die schon für die „Swing-Royal“-Abende im Admiralspalast zusammenarbeiteten, zieht es aus Mitte ins experimentierfreudige Kreuzberg. Anke Schuster von der Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE), die das Bethanien seit Mai 2009 bewirtschaftet, freut sich über neue Impulse für das Riesengebäude, das zuletzt mit einer Besetzung durch linke Aktivisten und Mieterstreitigkeiten Schlagzeilen machte. „Wir hoffen auf eine Belebung des Casinos und des Haupthauses durch die neuen Mieter“, sagt Schuster.
Mit der neuen Attraktion im Casino will die GSE das Bethanien für potenzielle Neumieter attraktiv machen. Denn Anfang Juli wird das Künstlerhaus Bethanien ausziehen, das seit 36 Jahren im Haupthaus residierte. Derzeit wird heftig nach einem Nachfolger aus dem Kulturbereich gesucht.
Im dunkel getäfelten Speisesaal bot bislang das Ausbildungsrestaurant „Schildkröte“ Essen und Getränke an. Abends war allerdings aus Jugendschutzgründen Schluss mit der Bewirtung, was bei den zahlreichen Abendveranstaltungen von Kunstraum Kreuzberg oder Künstlerhaus Bethanien stets bedauert wurde. Der Mieterrat entschied sich Anfang des Jahres folglich für das Bewirtungskonzept von Sinhart und Böhl, die neben „Klassikern und Highlights der europäischen Küche“ auch Catering für Hausveranstaltungen anbieten wollen.
Das mit seinem schweren Mobiliar an eine Kantine der Fünfzigerjahre erinnernde Casino wird zurzeit umgestaltet: Die Apsis des kapellenförmigen Raums soll eine Bühne beherbergen, im Innenhof wird es einen Biergarten geben. Extra eingebaute Schallschutzfenster sollen verhindern, dass sich die Gäste im Sommer von der Geräuschkulisse des angrenzenden Freiluftkinos gestört fühlen.
Der Gastrobetrieb soll sich auch auf den Park am Mariannenplatz auf der Vorderseite des Bethanien erstrecken. Auch dort soll es Bestuhlung und eine kleine Küche mit Ausgabefenster geben. Wie die ehemaligen Besetzer und jetzigen Mieter im Südflügel auf die kommerzielle Ausdehnung reagieren, bleibt abzuwarten. Denn der Südflügel, der sich als autonome Einheit selbst verwaltet, sitzt nicht im Mieterrat des Haupthauses und war daher an der Entscheidungsfindung nicht beteiligt. „Wir bekamen bislang lediglich ein Schreiben von der GSE, in dem auf anstehende Bauarbeiten im Casino hingewiesen wurde“, sagt einer der Aktivisten. „Was genau dort geplant ist, wissen wir nicht“. Die zum Südflügel e. V. organisierten Initiativen sind derzeit mit eigenen Umbauten beschäftigt. Neben der Erfüllung der umfangreichen Brandschutz-und Sicherheitsauflagen des Vermieters planen sie große Räume für eine Heilpraktikerschule und mehrere Theatergruppen.
Die Betreiber der „Drei Schwestern“ haben jedenfalls keine Angst vor ihrer Nachbarschaft. Schließlich kommt nicht nur der „White Trash“-Partner aus dem Punkrockbereich – auch Böhl ist nach eigener Aussage ein alter Kreuzberger und arbeitete schon in den 80er-Jahren mit Bands aus dem „Rauchhaus“.