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Archiv-Artikel

Nach Syrien wird wieder abgeschoben

ASYL Nachdem drei aus Deutschland ausgeflogene Flüchtlinge in Syrien verhaftet wurden, hielt das Innenministerium Abschiebungen dorthin noch im Dezember für problematisch. Das gilt jetzt nicht mehr

BERLIN taz | Das Bundesinnenministerium kehrt zu seiner harten Linie bei Abschiebungen nach Syrien zurück. Während es diese im Dezember in einem Brief an die Innenminister der Länder noch als „problematisch“ bezeichnet hatte, sieht es dafür nun keinen Grund mehr.

„Nach der Bewertung der vorliegenden Informationen ist eine grundsätzliche Änderung der bisherigen Asylentscheidungspraxis zum Herkunftsland Syrien nicht angezeigt“, so ein Ministeriumssprecher zur taz. Doch soll das für Asylverfahren zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge „grundsätzlich eine besonders sorgfältige Einzelfallprüfung“ durchführen.

Im Klartext heißt das: Statt wie in den vergangenen Monaten anstehende Einzelfallentscheidungen vorübergehend zur Seite zu legen, wird das Bundesamt nun wieder entscheiden. Die Konsequenz werden neue Abschiebungen nach Syrien sein.

Im vergangenen Jahr wurden 57 Menschen nach Syrien ausgeflogen. Von drei Fällen wurde bekannt, dass die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Syrien verhaftet wurden, darunter eine Witwe mit vier Kindern. Das Regime wirft ihnen „Beschädigung des Ansehens Syriens im Ausland“ vor. Das Auswärtige Amt hatte im Dezember die Verhaftungen in einem sogenannten Ad-hoc-Lagebericht bestätigt und beklagt, dass die Syrer keine Auskunft über den Verbleib der Flüchtlinge gäben. „In den syrischen Gefängnissen wird gefoltert“, kritisiert Kamal Sido von der Gesellschaft für bedrohte Völker. 2008 seien mindestens fünf Gefangene an den Folgen von Folter gestorben. In ein solches Land dürfe Deutschland nicht abschieben.

Möglich wurden die Abschiebungen durch ein Abkommen, das der ehemalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) 2008 mit seinem syrischen Amtskollegen unterzeichnet hatte. Seitdem droht etwa 7.000 Menschen die „Rückführung“ nach Syrien. Viele von ihnen sind KurdInnen, denen Syrien die Staatsbürgerschaft aberkannt hat.

Flüchtlingsorganisationen, aber auch Linke und Grüne kritisieren das Abkommen scharf. „Deutschland darf nicht in einen Folterstaat abschieben, in dem elementare Menschenrechte nicht zählen“, sagte Bernd Mesovic von Pro Asyl. „Das Rücknahmeabkommen muss aufgekündigt, sofort ein Abschiebestopp verhängt werden.“

Für einen entsprechenden Antrag der Grünen im Bundestag fand sich im Januar aber keine Mehrheit. FDP und Union sprachen sich dagegen aus. Der stellvertretende innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Reinhard Grindel (CDU), räumte ein, die Menschenrechtslage in dem Land sei schwierig. Bei der Festnahme von Syrern nach ihrer Abschiebung aus Deutschland handle es sich jedoch um Einzelfälle – für Pro-Asyl-Referent Mesovic eine „unzulässige Bagatellisierung“. SABINE AM ORDE