DER CRASHKURS ZU KÜHLMITTEL : 134a gegen 1234yf
■ Frankreich weigert sich, neue Mercedes-Modelle zuzulassen
Mercedes-Kunden in Frankreich müssen weiter auf ihr neues Luxusauto warten. Das Umweltministerium in Paris weigert sich, die neuen Modelle der A,- B- und CLA-Klasse sowie den Roadster SL von Daimler zuzulassen. Der Autokonzern hatte geklagt, aber ein Gericht entschied diese Woche, dass Daimler gegen EU-Regeln verstoße. Daimler scheitert in Frankreich an altem Wein in neuen Schläuchen.
In die neuen Automodelle füllt der Konzern das alte Kühlmittel 134a. Diese Fluorkohlenstoff-Chemikalie ist in der EU seit Januar 2011 in neuen Modellen nicht mehr zugelassen, da sie extrem klimaschädlich ist. Die Treibhauswirkung von 134a ist 1.430-mal so stark wie von Kohlendioxid (CO2), kurz zusammengefasst als GWP-Wert 1.430. Erlaubt sind in der EU nur Kältemittel mit einem GWP-Wert von 150. Alle Autokonzerne wissen seit Jahren, dass sie den alten Klimakiller 134a ab 2011 nicht mehr in den neuen Modellen nutzen dürfen. Aber sie probieren mit allen Tricks, die EU-Regel zu umgehen.
Die klima- und umweltfreundlichste Alternative wären Klimaanlagen, die mit CO2 kühlen. Doch um solche einzubauen, müssten die Autohersteller Milliarden investieren und einige Jahre draufzahlen, bis sie serienreif wären. Die weltweite Autoindustrie frohlockte daher, als die US-Konzerne DuPont und Honeywell das Kältemittel 1234yf vorstellten. Mit einem GWP-Wert von 4 erfüllt es die EU-Vorgaben und kann in dieselben Klimaanlagen eingefüllt werden. Doch 1234yf ist „hochentzündlich“ und bildet im Brandfall zusammen mit Wasser die extrem ätzende und tödliche Flusssäure.
Nach etlichen Tests mit brennenden Autos verflog die Euphorie bei Daimler und den anderen deutschen Autokonzernen. Sie nutzen deswegen lieber 134a, was nur geht, wenn sie ihre neuen Modelle als Modifikationen der alten deklarieren. Oder wenn sie sich wie Daimler eine Sonderzulassung vom Kraftfahrtbundesamt holen. Die aber erkennt Frankreich nicht an. Brancheninsider vermuten eine Retourkutsche gegen die Autokanzlerin Angela Merkel. In der EU sei man über die ewigen Ausnahmen für die deutsche Autoindustrie verärgert. ULRIKE FOKKEN