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Archiv-Artikel

„Er schätzte das Genie“

Lesung zur Freundschaft zwischen Marx und Engels

Von GRÄ
Klaus Körner, 70

■ Jurist, Historiker und Publizist, hat sich mit dem Antikommunismus und immer wieder mit Marx befasstFoto: privat

taz: Hat Marx seinen Freund Engels ausgebeutet, Herr Körner?

Klaus Körner: Ja, sicher hat Marx die Freundschaft ausgenutzt. Ohne Engels’ Großzügigkeit wäre er ein kleiner Übersetzer und Journalist geblieben.

Engels hat die Familie Marx finanziert und die Vaterschaft für Marx’ illegitimen Sohn übernommen. War Marx dankbar?

Er hat natürlich seinen Dank bekundet – aber was konnte er viel tun? Engels hatte nie Geldprobleme und Marx hatte nie Geld. Eigentlich kann man sagen, dass Marx Engels schließlich ein Danaergeschenk gemacht hat.

Womit?

Er hat einen gewaltigen Nachlass hinterlassen und gesagt, Engels würde schon wissen, was man damit anfangen könne.

Und Engels wusste das?

Engels soll gesagt haben: Wenn ich gewusst hätte, in welchem Zustand sich Kapital II und III befanden, ich hätte ihm keine Ruhe gelassen. Aber vermutlich wusste er, dass der Freund nicht mehr produktiv war – und dass er aus diesen Bündeln noch irgendetwas würde machen müssen.

Brauchte der Fabrikantensohn Engels Marx als Anreger?

Engels schätzte das Marx’sche Genie – aber er war durchaus eine eigenständige Figur. Er war im Geschäftsleben zuhause und kannte die Fabriken von innen, die Marx nur außen kannte. Er schrieb viele Artikel für Marx – und wurde rechtzeitig fertig, während Marx sich nie an die Termine hielt. INTERVIEW: GRÄ

Klaus Körner liest aus „Wir zwei betreiben ein Compagniegeschäft“, 20 Uhr, Heinrich-Heine-Buchhandlung, Grindelallee 26-28