: Au Wacke
FÄLSCHUNG NS-Rhetorik ist die billigste denkbare Provokation in Deutschland. Funktioniert aber
Für die Organisatoren des weltgrößten Heavy-Metal-Festivals im schleswig-holsteinischen Wacken war es ein PR-GAU: „Jedem das Seine“ stand auf dem via Twitter verbreiteten angeblich in Wacken fotografierten Banner – der Spruch aus dem KZ Buchenwald also. Nach nur fünf Kommentaren stellte sich durch einen Link auf das Originalbild (oben links) aber heraus: Das Foto mit dem Buchenwald-Spruch war eine Fälschung.
„Ich verstehe nicht, warum man das mit uns in Verbindung bringt. Wir wollen damit nichts zu tun haben“, sagt Festivalsprecherin Anna Lorenz. Die rasche Distanzierung sollte den Imageschaden eindämmen, den eine – wenn auch nur gefühlte – Nähe zu rechtem Gedankengut mit sich bringt. Da die Heavy-Metal-Szene mit ihrer Lust an Provokation und Spiel mit Symbolen immer wieder in diesen Verdacht gerät, funktionieren die Reflexe: Rechts? Wir doch nicht! Wie beinahe überall gibt es auch unter Metallern Menschen mit zweifelhaften politischen Ansichten. Ein Festival wie das in Wacken darf für die paar Wirrköpfe unter seinen Besuchern aber nicht in Sippenhaft genommen werden. Wer Einzelfälle aufbauscht, um eine ganze Szene in Misskredit zu bringen, muss ein politisches Motiv haben – wie auch der Fälscher des Banners. Er will Vorurteile nähren, gibt sich damit aber selbst der Lächerlichkeit preis. „Jedem das Seine“ – NS-Rhetorik ist die billigste denkbare Provokation in Deutschland. Wer so die Nazikeule schwingt, outet sich als einfältig und stumpf. Die Kritik verpufft – bevor sie der Rezipient überhaupt als solche wahrgenommen hat. Ein klassischer Bumerang, der den Urheber trifft, nicht das Festival.
LISA MAUCHER