: NPD setzt auf deftige Wahlkampfkost
Die „Volksfront“ mit den Neonazis soll der NPD bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz zum Achtungserfolg verhelfen. Militante Kameradschaften unterstützen den Wahlkampf – zum Dank bekamen sie Spitzenplätze auf der NPD-Landesliste
AUS MAINZ KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Peter Marx ist dieser Tage wieder äußerst beschäftigt. 2004 hatte der NPD-Multifunktionär die Partei als Wahlkampfleiter in den sächsischen Landtag geführt. Jetzt ist er als NPD-Landesvorsitzender im rheinland-pfälzischen Landtagswahlkampf auf Tour. So unlängst auch auf einer von der NPD gemeinsam mit den ortsansässigen „Freien Nationalisten“ initiierten Wahlkampfveranstaltung in Grünstadt an der Weinstraße. Jedem Gast sei zunächst eine „Portion Pfälzer Kartoffeln mit Quark“ serviert worden, berichtet der Landesverband der Nationalen stolz. Zum Nachtisch gab’s dann eine „etwa einstündige aufrüttelnde Rede“ von Marx.
Die NPD in Rheinland-Pfalz will in den Landtag – oder wenigstens einen Achtungserfolg erzielen. Dafür setzen Marx und sein Landesgeschäftsführer Sascha Wagner auf ein inzwischen mehrfach erprobtes Konzept: das der rechtsextremen „Volksfront“. Sie haben sich offen mit den militanten Neonazi-Kameradschaften im Großraum Rhein-Neckar verbündet. Und auch die Deutsche Volksunion (DVU) leistet – finanzielle – Schützenhilfe.
Für den gemeinsamen Wahlkampf hat Marx mit dem regionalen Dachverband der Kameradschaften, dem „Aktionsbüro Rhein-Neckar“, schon im Oktober 2005 einen detaillierten Kooperationsvertrag abgeschlossen. Darin verpflichten sich die Kameradschaften, die NPD im Landtagswahlkampf mit dem Sammeln von 2.400 Unterstützerunterschriften, dem Verteilen von zwei Millionen Flugblättern und Wahlkampfzeitungen, der Sicherung von Infoständen und der Aufstellung von 25.000 Plakatständern zu unterstützten. Im Gegenzug versprechen die NPD-Funktionäre – unter ihnen der mehrfach vorbestrafte Neonazi Christian Hehl aus Ludwigshafen, wenigstens drei Kameradschaftsführer ganz vorn auf der Landesliste zu platzieren.
Das ist inzwischen längst geschehen. Wie antifaschistische Computerspezialisten nach dem Knacken eines Zugangscodes zur Homepage der „Freien Kameradschaft Rhein-Neckar“ und des „Aktionsbündnisses Rhein-Neckar“ berichteten, sollen die Rechtsextremen für ihre Zuarbeit zudem 10.000 Euro erhalten haben.
Die Arbeitsteilung zwischen Partei und Kameradschaften ist klar. Die Kameraden machen die Drecksarbeit und prügeln sich wie jüngst in Bingen auch schon einmal mit „multikulturellen Straßenbanden“ (NPD-Formulierung). Die NPD-Kader gerieren sich auf Wahlkampfveranstaltungen und an den Infotischen der Partei dagegen als aufrechte Globalisierungsgegner und Kämpfer für einen gerechten Sozialstaat – und fordern in diesem Zusammenhang ein „Ausländerrückführungsgesetz“. Auf dem letzten Landesparteitag der NPD wurde zudem einstimmig der Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland gefordert.
Die Kameradschaftsaktivisten auf der Landesliste der NPD machen kein Geheimnis aus ihrem Neonazi-Hintergrund: „Ich gehöre dem Führungskreis des nationalen Widerstandes an und bin im Aktionsbüro Rhein-Neckar tätig“, so René Rodriguez Teufer, 31, die Nummer drei auf der NPD-Liste. Teufer war schon Mitglied der inzwischen verbotenen rechtsextremistischen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP). Auf Platz sechs kandidiert der „freie nationale Sozialist“ Sven Lobek (29). Mario Matthes, 21, auf Platz acht, kommt aus der Bewegung deutsche Volksgemeinschaft (BDVG) und war schon im zarten Alter von 12 Jahren „besorgt um das Schicksal meines Volkes“.
Christian Steub (NPD) aus dem Westerwaldkreis kandidiert dagegen nicht für den Landtag. Als regionaler Funktionär der Partei war er lange Vorstandsmitglied und Kassenwart der „Kameradschaft Westerwald“. Nach deren Zerschlagung 2005 zeigte er sich enttäuscht von den Kameraden, die vor Gericht nur ihre Haut hätten retten wollen und sich deshalb von der Bewegung lossagten. Jetzt sitzt er aber immerhin im NPD-Landesvorstand – neben dem Schläger und Nazidevotionalienhändler Hehl.