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Archiv-Artikel

DIE KLEINE WORTKUNDE Kalter Krieg

„Russland fällt in manchen Zeiten in die Denkweise des Kalten Krieges zurück“, äußerte US-Präsident Barack Obama jüngst, weil Wladimir Putin dem Spionageenthüller Edward Snowden ein Jahr Asyl gewährte. Medien wittern einen Hauch von kaltem Krieg zwischen den ehemaligen Feindstaaten, während die USA mit ihrem gigantischen Überwachungsapparat gleichzeitig einen kalten Krieg gegen Europa zu führen scheinen, ohne vorher Bescheid gesagt zu haben.

Der englische Schriftsteller George Orwell verwendete den Begriff „kalter Krieg“ 1945 als Beschreibung einer ständigen Drohung eines Atomkrieges. Anders als im heißen Krieg gibt es im kalten keine offen militärischen Auseinandersetzungen, sondern politische, wirtschaftliche oder geheimdienstliche. „Kalt“ (von niedriger Temperatur, erstarrt) geht auf das germanische Verb „kala“ (frieren, kalt werden) zurück. „Krieg“ (bewaffneter Konflikt) stammt vom mittelhochdeutschen „kriec“ (Anstrengung, Streben, Streit) ab.

Die Metapher vom kalten Krieg ist heute natürlich mehr als überholt: Was waren das doch für übersichtliche Zeiten vor 1989, als Freund und Feind noch ganz klar benannt waren. Die aktuelle Lage ist schizophrener, denn der Freund wird genauso ausspioniert wie eben auch sein Feind.

Genau wie für die Drohnen- und Cyberwarproblematik empfiehlt sich übrigens der vom amerikanischen Autor und ehemaliger stellvertretender Staatssekretär David Rothkopf popularisierte Begriff „cool war“: Jener hat keinen heißen Krieg zum Ziel, sondern einen unsichtbaren Dauerkriegszustand ohne offene Konfrontationen.

ERIK WENK