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Archiv-Artikel

Zurück zur Holzklasse

Folk ist – neben Metal – das Ding der Zeit. Was doch irgendwas bedeuten muss. Beides, Folk und Metal, gilt jedenfalls in der allgemeinen Wahrnehmung musikalisch als besonders handgemacht. Beides war wenigstens aus einer heutigen Perspektive schon immer da, was so einen verlässlichen Stammbaum an Tradition verspricht.

Mit mal guten und mal schlechteren Zeiten. Ein Zwischenhoch hatte der Folk etwa in den Siebzigern auch als Folkrock, dem statt mit den immer genannten Fairport Convention oder Steeleye Span hier mal mit den Horslips ein weniger bekanntes Gesicht gegeben sein soll. Im heimischen Irland waren die eine Institution, und mit ihren Platten durchmaßen sie das Jahrzehnt vom zarten Folk über einen Folkrock (an dem jeder Jethro-Tull-Fan seine Freude haben sollte) bis zum lauteren Pop, bis auch die Horslips vor Punk und Wave in die Knie gingen.

Folk ist ja ein Containerbegriff, in den eine ganze Menge reingepackt werden kann, beispielsweise die ganzen Singer/Songwriter, die hier mal Liedermacher hießen. Die Volkslieder aber eher nicht, was im ersten Moment verblüffen mag. Tatsächlich reicht Folk als Etikett kaum weiter zurück als bis Anfang der Sechziger, was nun nicht wirklich eine Traditionslinie der Ewigkeit ist. Am ehesten kann man sich für Folk noch darauf verständigen, das er tendenziell akustisch und insgesamt halt nicht so krachig ist. Was gerade gern gehört wird, mit den Fleet Foxes als der Konsensband. Eine schöne neue Stimme ist Laura Marling (sie singt am Donnerstag im Privatclub), und beim Folk ist nun auch Stephin Merrit mit seinen Magnetic Fields angekommen, die nach dem letzten Album „Distortion“ mit krachigem Pop nun Lieder vorlegen, die so tun, als hätten sie eine durch die Generationen gereichte Geschichte im Rücken mit der Fidel, dem Banjo und der geschrammelten Holzgitarre, was dann auch noch „Realism“ genannt ist mit dem Albumtitel.

Folk eben. Und mit dem hübschen, tatsächlich in Deutsch gesungenen Refrain von „Everything Is One Big Christmas Tree“ trägt Merritt gleich zur weiteren Begriffsklärung bei: „Nein, vielleicht ist alles nicht ein Traum. Ist alles ein Albtraum? Nicht, nicht! Alles ist ein großer Tannenbaum, rotierend im Weltraumgeschicht.“ Was bestimmt eine der schöneren Beschreibungen von Folk ist. Am Samstag spielen The Magnetic Fields im Babylon Mitte.

Und wem das jetzt alles zu viel ist: Es gibt ja auch noch Synthie-Wave (die Folklore der Achtziger). Mit Heaven 17, die heute Abend im Postbahnhof ihr „Penthouse & Pavememt“-Album samt dem unvergänglichen „(We Don’t Need This) Fascist Groove Thang“ nachstellen. THOMAS MAUCH