: Ausschuss soll klären
Protokoll-Skandal: Opposition will Auftrag des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Kinderknast Feuerbergstraße ausdehnen
von EVA WEIKERT
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zum geschlossenen Heim Feuerbergstraße soll auch die Affäre um die Weitergabe von vertraulichen Dokumenten aus dem Gremium aufklären. Die Opposition will in der nächsten Sitzung der Bürgerschaft die Ausweitung des Untersuchungsauftrages beantragen, teilten die Fraktionschefs von SPD und GAL, Michael Neumann und Christa Geotsch, gestern mit. Zugleich erneuerten sie ihre Kritik an den von der CDU eingesetzten „Sonderermittlern“, die ebenfalls Licht in den Protokoll-Skandal bringen sollen.
Die Opposition verdächtigt den Senat, den PUA zu behindern: Offenbar seien Zeugenaussagen aufeinander abgestimmt worden. Eigentliche Aufgabe des Gremiums ist die Untersuchung von Regelverstößen im Heim Feuerbergstraße, wo straffällig gewordene Jugendliche einsitzen. Dabei geht es um Vorwürfe wie die illegale Vergabe von Psychopharmaka und die rechtwidrige Fesselung Jugendlicher.
Der PUA soll nun auch das Verhalten von Senat, Behörden und Bürgerschaftskanzlei „im Zusammenhang mit vertraulichen Unterlagen und ähnlich geschützten Informationen des Ausschusses“ überprüfen, beantragen SPD und GAL. Wegen des zusätzlichen Auftrages müsse der Ausschuss von neun auf 13 Mitglieder aufgestockt werden. Der Antrag sei durch das Minderheitenrecht gedeckt und benötige keine Mehrheit im Parlament.
Anfang März hatten die Abgeordneten im PUA erfahren, dass vertrauliche Sitzungsprotokolle aus der Bürgerschaftskanzlei und dem Arbeitsstab des Ausschusses über die Senatskanzlei an mehrere Fachbehörden verschickt worden waren. Nach dem Gesetz aber sind alle PUA-Mitglieder und -Mitarbeiter zur Geheimhaltung verpflichtet. Der Opposition zufolge habe unter anderem die Justizbehörde das Protokoll der Vernehmung von Justizsenator Roger Kusch (CDU) „widerrechtlich erlangt“.
Die Oppositon fürchtet, dass durch Verbreitung der Protokolle Zeugen ihre Aussagen vor dem Ausschuss vorbereiten konnten und so die Aufklärung von Missständen im Heim vereitelt wurde. Der SPD-Obmann im PUA, Thomas Böwer, sagte gestern, es gebe Indizien, dass Zeugenaussagen abgesprochen wurden. Alle 14 bisher vernommenen Zeugen sollten erneut vor den Ausschuss und erklären, wie sie ihre Aussagen vorbereitet hätten. „Keine Regierung darf den PUA untertunneln“, so Böwer. Um zudem weitere 27 bestellte Zeugen anhören zu können, müsse das Gremium statt 14-tägig künftig wöchentlich zusammentreten.
Die CDU-Fraktion reagierte mit Skepsis auf den Vorstoß: Ehe „in hektischem Aktionismus“ der PUA-Auftrag erweitert werde, seien die Untersuchungsergebnisse der „Sonderermittler“ abzuwarten. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat Baubehördenstaatsrat Axel Gedaschko zur Klärung eingesetzt. Für das Parlament berief dessen Präsident Berndt Röder (CDU) den Finanzgerichts-Vize-Präsidenten Werner Kuhr.
Die Berufung der „Sonderermittler“ sei „nur weiße Salbe für die Öffentlichkeit“, weil sie keine Kompetenzen hätten, kritisierte SPD-Fraktionschef Neumann. Ein PUA ist „das schärfste Schwert parlamentarischer Kontrolle“, ergänzte GALierin Goetsch, und die „einzig richtige Instanz zur Aufklärung“.