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Archiv-Artikel

Rauschende Erfolge

Die Nationale Anti-Doping-Agentur Nada zieht Bilanz für das Jahr 2005 und entdeckt 67 Dopingsünder

BERLIN taz ■ Es wurde mit gewichtigen Worten operiert im Charlottensaal der Deutschen Bank. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) hatte am Donnerstag zur Bilanzpressekonferenz nach Berlin geladen, und die Klärung der Begrifflichkeiten ließ nicht lange auf sich warten. „Das Krebsgeschwür Doping“ müsse bekämpft werden, denn es zerstöre den „Kollektivgut-Charakter des Sports“, es gelte eine „Vorbildrolle“ zu übernehmen, „Präventivmaßnahmen“ müssten eingeleitet werden.

Wer noch immer nicht verstanden hatte, dass die Nada unterwegs ist auf dem Königsweg der Aufklärung, dem half Klaus Müller vom Dopinglabor im sächsischen Kreischa auf die Sprünge: „Wir laufen der Entwicklung nicht hinterher“, postulierte er. Die Hase-Igel-Metaphorik sei obsolet. „So ein Bild ist schlicht falsch. Wenn es stimmen würde, dann müssten wir uns fragen: Geben wir das Geld sinnvoll aus?“ Eine gute Frage.

Zunächst zu den Fakten: Die Nada hat im vergangenen Jahr 4.482 Trainingskontrollen deutscher Spitzensportler veranlasst. Im Wettkampf hat es 3.839 Aufforderungen zur Urinspende gegeben. Am häufigsten wurden die Leichtathleten vom Kontrolleur behelligt; sie liegen mit 1.023 Trainingskontrollen weit über dem Durchschnitt. Doch in über 56 Prozent der Fälle wurden die Kontrollen vorher angekündigt – von der Nada höchstselbst. Insgesamt wurden 67 „dopingrelevante Verstöße“ festgestellt. Es handelt sich dabei nicht zwangsläufig um positive Urinproben; als Doping gelten auch die grundlose Verweigerung einer Kontrolle, Besitz und Weitergabe von Dopingmitteln oder eine Manipulation bei der Probenahme. 67 Fälle, das liegt unter dem Wert des Vorjahres, als 72 deutsche Doper in die Statistik eingingen. Wieder liegt der Prozentsatz der „schwarzen Schafe“ (Klaus Müller) unter der 1-Prozent-Marke.

Hartnäckiges Phänomen

Heißt das nun, dass alles in Ordnung ist und der deutsche Athlet ein Saubermann? „Wir haben das Phänomen Doping zurückdrängen können“, glaubt Müller. „Ganz zu beseitigen ist es nicht.“ Auffällig viele Cannabis-Fälle wurden aufgedeckt – ein zweifelhaftes Fahndungsergebnis, da Cannabis nicht als klassische Dopingsubstanz gilt, sondern als „ein soziales Problem“, wie Nada-Geschäftsführer Roland Augustin denn auch einräumte. Cannabis werde wohl auf der Verbotsliste verbleiben, sagte Wilhelm Schänzer vom Kölner Analyselabor und stellte eine weitere kritische Substanz vor: das Haarwuchsmittel Finasterid. Obwohl es ganz klar als Maskierungsmittel für anabole Steroide dient, unterstellte Schänzer den auffällig gewordenen Athleten durchaus lauteres Handeln; sie hätten es wohl nur kosmetisch angewendet.

Kiffer am Ball

Dazu passen aktuelle Meldungen aus dem Basketball. Die Profis Michael Moten und Tamien Trent vom Bundesligisten Tigers Tübingen wurden mit Spuren von Cannabis im Körper erwischt und verzichteten jeweils auf die Öffnung der B-Probe, was als Geständnis gewertet wird. Ein Urteil wird Anfang April erwartet. Auch Chris Anrin von den Giessen 46ers wurde positiv getestet – auf Finasterid, das Haarmittelchen. Es ist noch nicht bekannt, ob Anrin auf eine B-Probe besteht. Das Trio war am 11. Februar nach dem Bundesligaspiel der Tübinger gegen Gießen zur Probe gebeten worden. Fraglich ist, ob die drei ihre Leistung verbessern wollten oder nur fahrlässig gehandelt haben. Der Nada ist das ziemlich egal. Hier gilt das Strict-Liability-Prinzip: Der Leistungssportler ist dafür verantwortlich, was in seinem Körper gefunden wird.

Es gibt freilich weitere Schwächen im System der Nada: Noch immer wird nicht auf Wachstumshormone getestet – und nur 10 Prozent der Proben werden auf das Blutdopingmittel Epo hin untersucht; bei Trainingskontrollen werden Stimulanzien nicht berücksichtigt, und die Fremdblutanalyse wird in beiden deutschen Labors erst in Zukunft kommen. Man sei nichtsdestotrotz stolz auf „eine Vorwärtsstrategie“, wie die Nada am Donnerstag verkündete.

MARKUS VÖLKER