Kosmopoliten in Blau-Weiß

VOIXMUSIK Die bayerische Band La Brass Banda macht Funk, Ska, Reggae und Hip-Hop mit den Mitteln der Blasmusik. Das Brachiale trifft das Virtuose – und alle tanzen. Im April touren die Chiemgauer durch den Norden

Bei Stefan Dettls Sprechgesang vermittelt sich, dass jemand nichts vermitteln will. Außer einer großen Lebenslust

VON KLAUS IRLER

Es kann sein, dass weiß-blaue Bayern-Fahnen im Publikum geschwenkt werden. Wahrscheinlich von Leuten mit Rasta-Zöpfen oder Nietengürtel. Ziemlich sicher werden die Leute im Publikum ihre Jacken ausziehen. Denn die Leute werden hüpfen und schwitzen. Die Bayern-Fahne werden sie schwenken, weil die fünf Musiker auf der Bühne aus dem bayerischen Chiemgau kommen, Lederhosen tragen und Blasinstrumente spielen. Und weil sie musikalische Grenzen wegblasen. Auch die von Bayern.

Die fünf Musiker, die übrigens immer barfuß auftreten, sind zusammen die Band La Brass Banda. Ihre Musik hat viel mit Funk und Hip Hop zu tun, Ska und Reggae sind auch dabei, außerdem Disco und Balkansounds. Das Bayerische kommt durch den Gesang, ein oft sehr schneller Sprechgesang in derbster Mundart. Außerdem kommt das Bayerische durch die Instrumentierung: Tuba, Trompete und Posaune in Kombination mit Bass und Schlagzeug. Ein Harmonie-Instrument gibt es nicht.

La Brass Banda sind eine Live-Band, es geht ums Tanzen. Die Blasinstrumente übernehmen die Funktion von Rhythmusinstrumenten, viel Stakkato, viel sich wiederholende, mitunter hymnische Motive. Oft auch in atemberaubender Geschwindigkeit: Die Musiker haben ihre Instrumente studiert und spielen technisch auf höchstem Niveau. Technik, die in diesem Konzept zu einer erstaunlichen Energie wird. Brachial und doch kunstvoll aufeinander eingetaktet. Beeindruckend virtuos.

Gleichzeitig ist La Brass Banda alles andere als eine Akademikerveranstaltung. Die fünf haben sich zwischen Feuerwehrfesten in der Heimat, ihren Hochschulen in Hannover, Linz und München und der Berliner Club-Szene gefunden. Seine ersten Versuche machte Sänger und Trompeter Stefan Dettl mit einem DJ-Team, aber das ist lange vorbei. Das Kernige, eine gewisse Derbheit machen den Charme der Band. Und der vermittelt sich sogar der Bayerischen Staatszeitung: „Musik mit etwas Dreck drin“ hat sie ihren La-Brass-Banda-Artikel überschrieben.

Im ersten Stück der aktuellen CD „Übersee“ geht es um eine Bierzelt-Schlägerei, ansonsten geht es viel um Frauen aus der Perspektive des anarchischen und doch einsamen Schürzenjägers. Es ist manchmal besser, die Texte der Chiemgauer nicht zu verstehen. Sänger Dettl legt auch keinen Wert darauf: Sein bayerischer Rap tendiert zur Lautmalerei. Dabei vermittelt sich, dass jemand nichts vermitteln will. Außer einer großen Lebenslust.

Unmittelbar vor den Konzerten in Norddeutschland touren die Bayern durch Großbritannien. Dabei werden sie sich an ihre Gründungsphase im Jahr 2007 erinnern: Damals bekamen sie keinen Auftritt in München. In London aber schon .

20. 4. Hannover, Pavillon; 21. 4. Bremen, Aladin; 22. 4. Lüneburg Vamos; 23. 4. Hamburg, Übel und Gefährlich; 24. 4. Kiel, Pumpe