DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Liebt euch!
WAS SAGT UNS DAS? Eine konservative Kleinstpartei hetzt gegen Homosexuelle – und darf das
Eine christlich-konservative Kleinstpartei ruft auf ihrer Homepage und in einem Flyer zur „Heilung Homosexueller“ auf, spricht von „widernatürlicher Lustbefriedigung“ und gibt Schwulen und Lesben einfach mal so die Schuld an 6 Millionen Aids-Toten. Die Christliche Mitte (CM), die nicht zur Bundestagswahl antritt, darf das. Die Menschenwürde des „homosexuellen Bevölkerungsteils“ sei nicht verletzt, urteilte die Staatsanwaltschaft Münster vergangene Woche. Das Verfahren, das ein queeres Nachrichtenportal angestrengt hatte – der Vorwurf: Volksverhetzung – wurde eingestellt.
Doch was, wenn nicht eine pauschale Verurteilung der eigenen Sexualität, könnte jemanden in seiner Menschenwürde verletzen? „Als Verletzung der Menschenwürde gilt juristisch, was andere Menschen als nicht gleichwertige Personen einstuft und ihnen das Lebensrecht in der Gesellschaft abspricht“, erklärt Jasmin Finger, die an der Humboldt Universität zu Berlin zu Homophobie und Strafrecht promoviert. Und was einige Menschen gesellschaftlich womöglich gleichwertiger macht als andere, ist dann wiederum Auslegungssache. Eventuell wäre es möglich, die Aussagen der Christlichen Mitte als Verletzung der Menschenwürde zu interpretieren – doch in Deutschland gilt, und natürlich zum Glück, immer noch: Im Zweifel für den Angeklagten. Volksverhetzung ist allerdings laut Finger auch der einzige Straftatbestand, der in diesem Fall überhaupt zutreffen könnte.
Was die CM schreibt, ist vielleicht legal, legitim ist es deswegen noch lange nicht. Und wenn man der Funditruppe schon nicht mit Recht und Gesetzbuch beikommen kann, tja, dann bleibt wohl nur noch die Hoffnung. Dass sich Dummheit von selbst heilt, vielleicht. Kann ja alles sein. Und inzwischen: Liebt euch! KATHARIN TAI