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Archiv-Artikel

Kein Krieg, aber Regimewechsel

Die US-Regierung plant langfristig den Sturz der Führung in Teheran und fördert gezielt die Opposition

WASHINGTON taz ■ US-Präsident George Bush und seine Mitarbeiter sitzen in diesen Tagen viel hinter verschlossenen Türen und lassen sich zum Thema Iran beraten. Sie hören Experten an, richteten ein Iranbüro ein und verstärkten ihre Aktivitäten, die sich an die iranische Opposition richten sollen.

Längst haben diejenigen in der Regierung, die noch in George Bushs erster Amtszeit für ein größeres Engagement im Iran plädierten, den internen Wettstreit gegen jene verloren, die auf mehr Konfrontation im Umgang mit dem Iran setzen. Obwohl Regierungsvertreter das Wort Regimewechsel in der Öffentlichkeit nicht in den Mund nehmen, wird immer deutlicher, dass Bush der iranischen Opposition gegen Teherans Theokraten unter die Arme greifen will. Weiter gehen Washingtons Pläne gegenwärtig nicht. Einen Krieg schließen Bush und sein Team weiterhin aus, man behält sich allerdings die Formulierung vor, „alle Optionen“ seien „auf dem Tisch“.

Experten der Hoover Institution, einer Denkfabrik der Stanford University, sagten laut Presseberichten, man habe nach einem Treffen mit Bush, seinem Vize Dick Cheney und Sicherheitsberater Stephen Hadley den Eindruck gewonnen, dass die Regierung sich insgesamt mehr für eine „robuste Politik“ hinsichtlich Irans entschieden habe. „Sie wollen das iranische Volk vom Regime trennen“, sagte Esmail Amid-Hozour, ein iranischstämmiger Geschäftsmann im Aufsichtsrat der Hoover Institution. US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte in einer Senatsanhörung vergangene Woche gesagt, dass „wir kein Problem mit dem iranischen Volk haben, wir wollen, dass die Iraner frei sind. Wir haben allerdings ein Problem mit dem iranischen Regime.“

„Gegenwärtig haben Leute die Oberhand, die auf einen Regimewechsel drängen“, sagt Richard Haass, der einst als Chef des politischen Planungsstabes im Außenministerium unter Colin Powell zu denjenigen zählte, die in der ersten Amtszeit für ein größeres Engagement der USA im Iran plädierten.

Dass das Thema Iran auf der nationalen Sicherheitsagenda der USA ein gutes Stück nach oben gerückt ist, lässt sich an der Tatsache ablesen, dass Bush in den vergangenen Wochen bis zu 40 Experten anhörte, die seine Berater ins Weiße Haus einluden. Vergangene Woche richtete das Außenministerium einen so genannten Iran-Desk ein. An dem sollen sich nun zehn statt wie zuvor zwei Beamte ausschließlich mit dem Land befassen, das Rice als größte Gefahrenquelle für die USA bezeichnete. Zudem gibt es Schulungen in Persisch. Rice’ Unterstaatssekretär Nicholas Burns kündigte in einem Interview an, das Außenamt werde das Personal in Botschaften der Länder rund um den Iran aufstocken, um Teheran besser beobachten zu können. Vor allem in Dubai werde ein Spionageposten entstehen, den Burns mit einer amerikanischen Station in Riga in den 1930er-Jahren verglich, von wo aus Washington die Sowjetunion bespitzelte, in der die USA damals keine Botschaft unterhielten.

Auch die Medien spielen bei dieser Offensive eine zentrale Rolle. So hat die Regierung 75 Millionen US-Dollar für ein Programm lockergemacht, bei dem TV und Radio in den Iran mit dem Ziel senden sollen, Demokratie zu fördern. Der US-Auslandsfunk Voice of America sendet gegenwärtig eine Stunde täglich in den Iran. Bis April sollen es vier Stunden werden. Später plant die Regierung sogar ein 24-Stunden-Programm. Allerdings trat hier der US-Kongress auf die Bremse und strich dem Bush-Plan 19 Millionen Dollar aus der Budgetforderung, hauptsächlich für Medienaktivitäten. ADRIENNE WOLTERSDORF