piwik no script img

Archiv-Artikel

Eine runde Sache draus machen

Fairer Handel garantiert den Produzenten von Fußbällen bessere Arbeitsbedingungen und Bildung. Wer die Bälle kauft, tut nicht nur Gutes, sondern erhält auch ein handgenähtes Qualitätsprodukt, das ordentlich was aushält. Die Initiative „Fair Play – Fair Life“ macht auf die Hintergründe aufmerksam

VON RICHARD ROMAN

Der Ball ist rund? Das ist eine subjektive Sicht. Für viele, die Bälle produzieren, hat er auch kantige Ecken. Sie stoßen sich an den sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen die Fußbälle produziert werden. Um den Arbeiterinnen und Arbeitern zu angemessenem Lohn und besseren Lebenschancen zu verhelfen, engagieren sich verschiedene Organisationen mit Projekten zum Fairen Handel.

Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 macht die Initiative „Fair Play – Fair Life“ mit vielfältigen Aktionen auf die geringen Löhne, langen Arbeitszeiten und schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam. Zugleich sollen Konsumenten motiviert werden, Fußbälle zu kaufen, die das TransFair-Siegel tragen. Unter anderem verkauft auch Gepa, das größte Fair-Handels-Haus für faire Bälle. Diese garantieren, dass die Arbeiter besser entlohnt werden und die Hersteller höhere soziale Standards einhalten, indem sie Bildungsmaßnahmen anbieten, Krankengeld zahlen oder langfristigere Arbeitsverträge anbieten. Zudem handelt es sich bei TransFair-Bällen ausschließlich um Qualitätsprodukte, die aus haltbaren Materialien handgenäht sind und im Inneren über eine Latexblase verfügen. Sie entsprechen internationalen Standards.

„Fair Play – Fair Life“ wendet sich insbesondere an Jugendliche, die in Schulen, Vereinen oder auf Turnieren mit Projekttagen oder „fairem Torwandschießen“ angesprochen werden sollen. Für Schulen wurde in Kooperation mit dem Schauspielhaus Düsseldorf ein Theaterstück vorbereitet, das den ungerechten Welthandel in Form eines komödiantischen Globalisierungskrimis angeht. Das Stück wurde vom Berliner Jugendtheater Grips uraufgeführt.

Direkt an Politiker wendet sich die Initiative mit der Aufforderung, die Idee des fairen Handels mittels Ratsbeschlüssen in Kommunen zu verankern. Unter anderem haben Rheinstetten, München und Bonn bereits Beschlüsse zum fairen Beschaffungswesen gefasst.

Die Initiative wird getragen von den evangelischen Kirchen Rheinland und Westfalen, dem Ministerium für Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, mehreren Gruppen aus der Fair-Trade-Bewegung, dem Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverband sowie vom DGB-Bildungswerk.

Rund 60 Prozent aller handgenähten Bälle des Weltmarktes stammen aus der pakistanischen Stadt Sialkot, wo über 100 Firmen jährlich viele Millionen Bälle pro Jahr produzieren. Weitere zehn Prozent des Weltmarktes für handgenähte Bälle stammen aus Indien, China liefert rund 20 Prozent.

Über die Hälfte der Mannschaften in der Fußballbundesliga spielen mit Bällen, die aus Sialkot kommen. Die Arbeiter dort bekommen pro Ball etwa 30 Rupien, das sind weniger als 50 Cent. Die Herstellung eines handgenähten Balls braucht rund 650 Nadelstiche und dauert rund zwei Stunden. Das Nähen von fünf Bällen pro Tag reicht nicht aus, um eine Familie zu ernähren. Für fair gehandelte Bälle bekommen Arbeiter 10 Rupien pro Ball mehr. Weitere Vorteile sind unter anderem bessere Arbeitsbedingungen, Schulen für die Kinder und geregelter Transport zur Fabrik.

Der größte Produzent in Sialkot stellt rund 3,7 Millionen handgenähte Bälle pro Jahr mit etwa 1.000 Beschäftigten her. Dieses Unternehmen produziert Bälle, die zum Teil das TransFair-Siegel tragen. Es gibt in Sialkot noch zwei weitere Firmen, die TransFair-Bälle produzieren. Die anderen Firmen dulden zum Teil noch nicht einmal Gewerkschaften. Die Arbeiter können es sich nicht aussuchen, ob sie TransFair-Bälle herstellen oder die üblichen. Der Anteil von TransFair-Bällen ließe sich problemlos steigern, aber dafür fehlen die Abnehmer in den industrialisierten Ländern.

Die großen Sportartikelhersteller gerieten wegen völlig inakzeptabler Produktionsbedingungen bereits unter öffentlichen Druck. Das lädierte Image versuchten sie auch durch verbesserte Verhältnisse zu heben. So beteiligt sich Adidas in Sialkot finanziell an einem Schulprojekt.

Die Akteure des TransFair-Handels lehnen solche Unternehmensinitiativen nicht ab, plädieren aber dafür, dass sich auch die multinationalen Sportartikelhersteller den Kriterien des TransFair-Siegels unterwerfen. Erst diese Kriterien stellen Transparenz her.

Weitere Infos: www.fairplay-fairlife.deWo fair gehandelte Fußbälle erhältlich sind steht unter www.transfair.org