SVEN HANSEN ÜBER JAPANS VERSAGEN BEI DER VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG : Fortgesetzte Provokation
Auf den Kniefall eines japanischen Premiers in Peking oder Seoul werden chinesische und koreanische Kriegsopfer und ihre Nachkommen wohl ewig warten müssen. Weiterhin ist nicht nur kein japanischer Premierminister vom moralischen Format Willy Brandts in Sicht, viele japanische Nachkriegspolitiker sind noch nicht einmal bereit, historische Fakten anzuerkennen. Deshalb sind schon wesentlich kleinere Gesten als öffentliche Kniefälle von japanischen Politikern nicht zu erwarten. Vielmehr ist weiter mit Geschichtsklitterung, der Verleugnung japanischer Aggression und der Beschönigung von Kriegsverbrechen zu rechnen. Besonders hervor tut sich dabei der aktuelle Ministerpräsident Shinzo Abe. Er provoziert die Nachbarn immer wieder.
In Asien sind Japan und China Rivalen. Seit einigen Jahren verschiebt sich das Machtzentrum von Tokio nach Peking, doch ist die Frage der Vorherrschaft noch offen. Sie entzündet sich gerade an einer unbewohnten Inselgruppe zwischen Okinawa und Taiwan. Während sich Japan gegen seinen Hegemonieverlust stemmt, spielt das erstarkende China, dessen Regime den Nationalismus zur Herrschaftslegitimation braucht, immer wieder die historische Karte. Damit sollen Japans Ansprüche moralisch untergraben werden. Das wäre aussichtslos, hätte Japan seine Schuld anerkannt und aufgearbeitet, statt hier eine offene Flanke zu bieten.
Man mag nachvollziehen, dass japanische Politiker sich nicht ausgerechnet von einem autoritären Regime in Geschichtsaufarbeitung belehren lassen wollen, das selbst zu seinen Verbrechen schweigt. Doch dass es Tokio genauso wenig gelingt, mit Seoul, seinem demokratischen Partner in der Region, historisch ins Reine zu kommen, zeigt die moralische Armseligkeit von Japans Politelite.
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