SVEN HANSEN ÜBER DIE KLAGE GEGEN PAKISTANS EXDIKTATOR MUSHARRAF : Begrüßenswerter Tabubruch
Das hat es in Pakistan noch nicht gegeben: In dem Land, das die Hälfte der Zeit seiner Unabhängigkeit von Militärs beherrscht wurde, wird erstmals Anklage gegen einen Exmilitärmachthaber erhoben. Endlich! Ein klarer Fortschritt!
Nur wird Musharraf, der 1999 eine gewählte Regierung weggeputscht hatte, nicht wegen der damaligen Zerstörung der demokratischen Ordnung angeklagt, sondern wegen der Ermordung der Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto. Diese war gerade erst in Absprache mit ihm aus dem Exil zurückgekehrt. Sie wollte an die Macht und hatte zweifellos das Potenzial, Musharraf politisch gefährlich zu werden. Deshalb hätte es auch ein Motiv zu ihrer Ermordung gegeben.
Doch Bhutto hatte auch andere Feinde. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Exil hatte es ein Attentat mutmaßlicher Taliban mit mehr als einhundert Toten gegeben, den sie unbeschadet überstand. Damals machte niemand Musharraf verantwortlich. Später fand ein UN-Untersuchungsbericht keine Beweise für eine Beteiligung Musharrafs an Bhuttos Ermordung. Die UN stellte zwar fest, dass Musharraf sie nicht habe ausreichend schützen lassen. Aber ob in einem Land, in dem Politiker auch private Bodyguards haben und trotzdem Attentate gelingen, nur der fragile Staat Schutzverantwortung hat, ist fraglich. Kurz nach dem Mord wurde der Tatort mit Wasser gereinigt, was Spuren beseitigte. Musharraf hieran Schuld nachzuweisen, könnte schwer bis unmöglich sein. Eher dürfte für ihn der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ gelten.
Pakistans hohe Richter sind nicht gut auf den Exdiktator zu sprechen. Er hatte 2007 die Obersten Richter gefeuert. Auch hier droht ihm ein Verfahren. Hoffentlich können ihm Gesetzesbrüche nachgewiesen werden, ohne dass es nach Rache aussieht.
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