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Archiv-Artikel

Wenn die Schlösser alles wissen

INTELLIGENTE SCHLÜSSEL In der Sozialbehörde werden die Schlüssel ausgetauscht. Entgegen einer Dienstvereinbarung wurde den MitarbeiterInnen bisher nicht erklärt, was die Elektronik kann

Von KAWE
Mechatronische Schlüssel

Mechatronische Schlüssel sind elektronisch programmierbare Schließsysteme. Sie erleichtern die Zugangs-Verwaltung, wenn MitarbeiterInnen ihren Bereich wechseln, Handwerker begrenzten Zutritt erhalten sollen oder Schlüssel verlorenen gehen oder gestohlenen wurden.

Das neue Schließsystem der Sozialbehörde besteht aus klassischen Metall-Schlüsseln und einem Speicher im Schloss für 50 Datensätze. Die Schlüssel können nicht wie „Strichcode“-Sensoren alle Bewegungsdaten an eine Zentrale senden.

Seit ein paar Tagen haben die meisten MitarbeiterInnen der Sozialsenatorin einen neuen Schlüssel, die alten Schlösser wurden ausgetauscht. Die neuen Schlüssel liegen gut in der Hand, sind schick wie Autoschlüssel – und haben sogar ein kleines Display und eine Batterie – „mechatronische“ Schlüssel sind das, eine intelligente Kombination aus Mechanik und Elektronik.

Die neuen Schlüssel sind vielen MitarbeiterInnen jedoch nicht geheuer: Wird nun jeder Schließvorgang zusammen mit jedem Schloss elektronisch gespeichert? Kann die Behördenspitze nachverfolgen, wer wann wo welche Tür aufgeschlossen hat? Solche Befürchtungen kursieren zu Recht: Auch der Datenschutzbeauftragte der senatorischen Behörde von der Firma Datenschutz-Nord, Sven Venzke-Caprarese, hatte „die Befürchtung, dass diese Schlösser funken“.

Im März dieses Jahres wurde unter Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten und des Personalrates über die neuen Schlösser verhandelt, es gibt sogar eine Dienstvereinbarung, in der es heißt: „Alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden umfassend und in geeigneter Weise über die wirkungsweise der Schließanlage (z. B. Verwendung ihrer Daten und die Auswertungsmöglichkeiten) informiert.“

Offensichtlich ist das aber unterblieben. Und der Personalrat sagt zwar auf Nachfrage, dass er damals eine Dienstvereinbarung unterschrieben habe, will aber gegenüber der Presse keine Auskunft darüber geben, was darin steht. Für Auskünfte, sagt er, sei Bernd Schneider, Pressesprecher der Senatorin, zuständig.

Auch der hatte zwar einen neuen Schlüssel, aber keine Information über deren Wirkungsweise. Schneider hat sich dann aufgrund der Nachfrage erkundigt und konnte Entwarnung geben: Ja, die Schließdaten werden gespeichert, bestätigt er, aber die Schlösser können nicht „funken“. Das bedeutet: Die Schlüssel werden elektronisch programmiert, in den Schlössern werden die 50 letzten „Ereignisse“ gespeichert. Um an diese Daten heranzukommen, muss man zum entsprechenden Schloss gehen und einen Datenschlüssel hineinstecken. In der Dienstvereinbarung ist geregelt, dass es dafür ein „Vier-Augen-Prinzip“ gibt: Ohne den Personalrat kann die Dienststelle die Daten nicht auslesen. Dies, so die Dienstvereinbarung, darf nur passieren, wenn es „Vorkommnisse von strafrechtlicher Relevanz“ gab. So, sagt der Datenschutzbeauftragte, sei die Nutzung der Schließanlage vorbildlich geregelt.

Der große Vorteil der Elektronik: Wenn eine MitarbeiterIn Zugang zu einem anderen Schloss haben soll oder ein Schlüssel verloren gegangen ist, reicht die Neu-Programmierung der Schlösser oder Schlüssel. Das, so sagt Behördensprecher Schneider, sei auf die Dauer preiswerter als der Tausch herkömmliche Schließanlagen. Die Kontrolle der MitarbeiterInnen passiere schon über die elektronische Arbeitszeiterfassung: Wenn eine MitarbeiterIn ins Haus kommt, muss sie/er sich elektronisch „anmelden“. Diese Daten werden zentral gespeichert.  KAWE