Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Bundesrat: Schwarz-Gelb verschiebt Geld
Ab Januar werden Familien, Erben, Unternehmer entlastet – der Bundesrat stimmt Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu. Länder und Städte fürchten Einnahmeausfälle.
BERLIN taz | Die Geschichte über das erste große Projekt der schwarz-gelben Regierung - das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" - hätte leicht zu einer werden können über fehlende Loyalität in der eigenen Partei. Lang haben die CDU-regierten Länder Schleswig-Holstein und Sachsen rebelliert - und einen Preis für ihre Zustimmung gefordert. Am Freitag zeigten sie sich dann zufrieden: Der Bundesrat stimmte dem Steuersenkungspaket zu. Ab Januar werden Familien, Erben, Unternehmer entlastet.
Den Staat werden diese Steuererleichterungen pro Jahr 8,5 Milliarden Euro kosten. Den Ländern und den Kommunen fehlt Geld - für Kindergärten, für Schwimmbäder, für Schauspielhäuser. Deswegen hatten nicht nur SPD-Politiker angekündigt, das Gesetz abzulehnen. Allen CDU-Länderchefs voran hatte der schleswig-holsteinische Peter Harry Carstensen sein Ja von einem Ausgleich durch den Bund abhängig gemacht. CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel setzte das unter Druck.
Die allein von der Union oder zusammen mit der FDP regierten Länder sichern im Bundesrat die knappe Mehrheit. Gemeinsam haben sie 37 der 69 Stimmen. Zieht eins der Länder nicht mit, ist Merkels Koalition blockiert. Also ließ die Kanzlerin prüfen, wie sie den Ländern entgegenkommen könnte.
Dann sagte sie ihnen Milliarden für die Bildung zu. Sie stellte in Aussicht, dass sich der Bund stärker als vorgesehen an der Finanzierung der Jobcenter und den Wohnungskosten für Langzeitarbeitslose beteiligt. Auch will sie im nächsten Jahr darüber reden, wie die Steuereinnahmen besser zugunsten der Länder verteilt werden. Bei einem Kamingespräch am Donnerstagabend in Berlin willigten die Protestler dann ein.
Die nicht allein von Schwarz-Gelb regierten Länder verreißen derweil das Steuerpaket: "Klientel-Begünstigungsgesetz" (der parteilose Berliner Finanzsenator Ulrich Nußbaum.) "Mehr als zweifelhaft", dass es Wachstumsimpulse gibt, die Fachwelt glaube auch nicht daran (der rheinland-pfälzische SPD Ministerpräsident Kurt Beck). "Das Gesetz ist schlecht, die Verschuldung der Länder und Städte steigt" (der Bremer SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen).
Böhrnsens Kollegen denken sich bereits neue Einnahmequellen aus. Die SPD in Köln rechnet wegen des neuen Gesetzes mit Steuerausfällen von 12 bis 15 Millionen Euro pro Jahr. Ab Mitte 2010 will sie darum eine neue Steuer einführen. Für Touristen, die in einem Hotel übernachten, soll eine Fünf-Prozent-Abgabe auf den Zimmerpreis fällig werden. Das Geld soll in die Kultur fließen.
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