Der Sieben-Minuten-Check

AZUBI-DATING Wie finden Schüler einen Ausbildungsplatz und Betriebe den passenden Azubi? Beim Hamburger Azubi-Speed-Dating trafen 20 SchülerInnen auf zehn Personaler. Bei einigen funkte es sofort

Tom erzählt von seiner Arbeit für die Kirche und davon, dass er gern Sport macht

Tom Thomalla streckt die Hand über das weiße Tischtuch und schüttelt Petra Melerski die Hand. „Wie geht es dir?“, fragt Melerski. „Gut. Und selbst?“, gibt Tom zurück, setzt sich hin und schiebt seinen Lebenslauf mit Foto über den Tisch. Tom hat sieben Minuten Zeit, sein Gegenüber davon zu überzeugen, dass er ein guter Auszubildender sein würde. Azubi-Speed-Dating heißt diese neue Art des Vorstellungsgespräches, und es funktioniert nach den gleichen Regeln wie das Speed-Dating, bei dem sich Paare finden sollen.

Der 16-jährige Tom beginnt zu erzählen, von seiner ehrenamtlichen Arbeit für die Kirche und davon, dass er gern Sport macht. Die Uhr läuft. Sieben Minuten sind länger als man annimmt, und am Ende der Zeit weiß er, dass die Telekom zwei Auszubildende zum IT-Systemelektroniker sucht und dass er sich bewerben kann.

Petra Melerski ist seit elf Jahren für die Auszubildenden bei der Telekom zuständig. Normalerweise sitzt sie nicht vor einer weißen Stellwand, auf der der Firmenname und die zu vergebenen Ausbildungsplätze angepinnt sind. Und normalerweise dauert ein Vorstellungsgespräch bei ihr den ganzen Tag und nicht sieben Minuten. Aber die kurze Zeit reicht aus, um zu entscheiden, ob der oder die etwas taugt.

Tom taugt etwas und deswegen drückt Melerski dem Realschüler, bevor er zum nächsten Tisch wandert, noch schnell einen Zettel in die Hand, den er der Bewerbung beilegen soll. „Das ist eine Gedächtnisstütze für mich“, erklärt Melerski. „Sehe ich diesen Zettel in der Bewerbung, weiß ich, aha, der hat mich auf den ersten Blick schon mal überzeugt.“

Das Azubi-Speed-Dating hat Petra Lill von der Bera organisiert, einem Hamburger Projekt, das sich um die berufliche Zukunft von Acht- bis Zehntklässlern kümmert. Die Soziologin und Personaltrainerin hat die Idee „geklaut“, wie sie sagt. In Manchester und München seien solche Speed-Datings bereits erfolgreich durchgeführt worden.

20 Schülerinnen und Schüler sind an diesem Tag in den Müggenburger Zollhafen gekommen. Sie treffen auf Personaler aus zehn Betrieben, die noch in diesem Jahr Ausbildungsplätze zu vergeben haben – an künftige Köche, Einzelhandelskauffrauen, Reiseverkehrskaufmänner und Landschaftsgärtner. „Wir sind eine alteingesessene Firma aus Wilhelmsburg und wollen daher auch gern einen Auszubildenden aus Wilhelmsburg“, sagt Julian Weinrich von der Garten- und Landschaftsbaufirma Schlatermund. Er ist erst seit einem Jahr Meister und hat bisher immer nur daneben gesessen, wenn sein Chef die Vorstellungsgespräche führte. Nun darf Weinrich selbst ran.

„Erzähl mal“, fordert Weinrich Tom auf, als der sich ihm gegenüber auf den Stuhl fallen lässt. Tom erzählt, was er über Schlatermund weiß. Zum Beispiel, dass sie den Rasen im Millerntor austauschen. Weinrich horcht auf. „Das ist toll, wenn jemand sich über uns informiert und weiß, dass Landschaftsgärtner nicht nur irgendwo Unkraut rausrupfen.“

Nach dem die beiden festgestellt haben, dass Tom nur ein paar Häuser entfernt von der Landschaftsbaufirma wohnt, verabreden sie, dass er eine Bewerbung vorbeibringen soll. Ein Praktikum kann er auf jeden Fall machen. Und vielleicht wird sogar mehr draus. ILKA KREUTZTRÄGER