: Sechs Kilo Chemie für ein Kilo Klamotten
TEXTILIEN Eine Studie zeigt, welche Mengen Chemie die Herstellung und Nutzung von Kleidung verschlingen kann. Den Schaden hat die Umwelt
STOCKHOLM taz | Wie viel Chemie steckt in einem T-Shirt, einer Jeans, einer Fleece-Jacke? Diese Frage stellte die staatliche schwedische Chemikalienbehörde. Ergebnis der jetzt veröffentlichten Studie: In einem Kilo Textilien können mehr als 6 Kilo Chemie stecken. Ein gewöhnliches T-Shirt aus reiner Baumwolle kann es in seinem Lebenszyklus von der Faser bis zur Mülltonne auf eine Chemiekalienmenge bringen, die dem Vierfachen seines Eigengewichts entspricht.
Fünf Warengruppen hat das Amt untersuchen lassen: T-Shirts, Jeans und Arbeitshosen aus reiner Baumwolle, dazu Fleece- und Viskose-Jacken. Wenig verwunderlich: Aufgrund des Herstellungsprozesses der Viskosefasern ist dieses Material mit 5 bis 7 Kilo pro einem Kilo Textil der schlimmste Chemieschlucker. Jeans und T-Shirts liegen zwischen 1,5 und 4 Kilo. Diese Spanne beweist laut Behörde, dass es teilweise noch ein erhebliches Einsparpotenzial gibt.
Die Urheber der Studie beginnen mit ihren Berechnungen bei der Faserherstellung. Bei Baumwolle berücksichtigen sie auch Kunstdünger und Schädlingsbekämpfungsmittel beim Anbau. Bei der Produktion der Garne kommen beispielsweise Öle, Tenside, Natronlaugen, Bleichmittel zum Einsatz, bei der Färbung und Nachbehandlung Pigmente, Wasch- und Imprägnierungsmittel. Hinzu addieren sich Verpackung und Transport: Formaldehyd als Konservierungsmittel, Dimethylfumarat gegen Schimmelpilze. Und auch Waschmittel müssen eingerechnet werden. Bei einem T-Shirt kamen die Experten so beispielsweise auf eine Liste mit 22 Gruppen von Chemikalien.
Die Mengenrechnung allein könne allerdings keine Aussage über die Gefährlichkeit der eingesetzten Chemikalien liefern, betont die Chemikalienbehörde. Tatsächlich machten Substanzen mit besonders negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit – verschiedene Pigmente, Formaldehyd und Schädlingsbekämpfungsmittel – nur einen relativ kleinen Teil des Cocktails aus. Eine toxische Einwirkung auf die Umwelt haben aber nahezu alle.
Die Experten fordern eine Diskussion, welche Informationen VerbraucherInnen benötigen, um eine bewusste Wahl treffen zu können. REINHARD WOLFF