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Archiv-Artikel

Der Vereinswechsler

In Flensburg dürften sie sich ins Fäustchen gelacht haben. Jahr für Jahr frischt der HSV Handball seinen Kader mit Spitzenleuten von der Förde auf und nun das: Zur Saison 2014/2015 wechselt Domagoj Duvnjak, der zurzeit als wohl bester Handball-Spieler der Welt gilt, zum THW Kiel. Jetzt, wo er seinen besten Spieler verliert, hört der Spaß für HSV-Präsident Matthias Rudolph auf: „Die Kieler haben uns ins Gesicht gelogen“, sagte er der Hamburger Morgenpost.

So kann das also gehen, die Großen fressen die Kleinen. Dabei wähnte sich der HSV doch endlich auf dem Weg, selbst zum Größten zu werden und den langjährigen Branchenprimus THW Kiel endgültig aus dem Weg zu räumen. Sensationell hatten sie die Kieler im Champions League Halbfinale Ende Mai besiegt – Duvnjak hatte elf Tore erzielt und seine Mannschaft auch im Finale zum Sieg geführt. Allein die Bundesligasaison lief enttäuschend, die sprunghafte Hamburger Mannschaft landete trotz Duvnjak, der zum besten Spieler der Saison gewählt wurden, auf einem mageren fünften Platz.

Doch die Kieler Mannschaft befindet sich im Umbruch – viele Experten prophezeien für die kommende Spielzeit sogar einen Fünfkampf zwischen den Kielern, Flensburgern, Rhein-Neckar Löwen, Berliner Füchsen und eben den Hamburgern. Die können in dieser Auseinandersetzung zwar noch ein Jahr lang auf die Wurfgewalt und den Ideenreichtum ihres 25-jährigen Spielgestalters zurückgreifen. Doch nicht wenige fragten sich, wie die Fans auf seinen Weggang reagieren werden und ob der Kroate unter diesen Umständen seine volle Leistung bringen kann.

Dabei ist es im Handball nicht ungewöhnlich, dass ein Wechsel so zeitig bekannt wird. In der vergangenen Saison hat Petar Djordjic die SG Flensburg Handewitt noch beim Gewinn der Vizemeisterschaft unterstützt, obwohl sein Wechsel zum HSV bereits vor Weihnachten feststand. Die Hamburger Vereinsführung rechnet auch bei Duvnjak nicht mit einer Schwächung, sonst hätte sie ihn womöglich für eine entsprechende Ablösesumme vorzeitig nach Kiel ziehen lassen.

Der Kroate selbst, der mit dem HSV am Samstag das Finale der Klub-WM in Katar gegen den FC Barcelona verloren hat, bemüht sich um das Verständnis der Fans. „Es war die schwerste Entscheidung meines Lebens“, ließ er sie wissen. „Ich habe sehr, sehr, sehr lange überlegt.“ Der Terminkalender will es so, dass der HSV bereits am kommenden Samstag in eigener Halle auf den THW Kiel trifft und Duvnjak damit unter besonderer Beobachtung steht. HSV-Fans dürfte es beruhigen, dass sein Wechsel schon beschlossene Sache gewesen sein soll, bevor er den THW in der Champions League abschoss. RALF LORENZEN