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Archiv-Artikel

Wie Nessie aus dem Loch

SSW-URTEIL

Von EST

Während sich der Rest der Nation noch durch den Bundestagswahlkampf langweilt, fiebert Schleswig-Holstein dem kommenden Freitag entgegen: Dann verrät das Landesverfassungsgericht in Schleswig, ob sich das nördlichste Bundesland mal wieder auf das vorzeitige Ende einer Legislaturperiode freuen darf.

Die Frage, die die RichterInnen während des Sommers zu klären hatten, betrifft ein Thema, das in der Landespolitik so stetig auftaucht wie das Ungeheuer aus dem Loch Ness: die Frage nämlich, ob der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen und friesischen Minderheit, rechtmäßig von der Fünf-Prozent-Klausel befreit ist. Seit 2012 regieren SPD und Grüne gemeinsam mit dem SSW, der 4,6 Prozent der Stimmen erhielt und drei Abgeordnete in den Kieler Landtag entsendet. Basis dieser Ausnahmeregel ist unter anderem die Bonn-Kopenhagener Erklärung, in der Deutschland und Dänemark die Rechte der jeweiligen Minderheiten regelten. Zudem trat der SSW, der durchgehend seit 1947 im Landtag sitzt, früher nur im nördlichen Landesteil an, wo viele Dänen und Friesen leben.

Die Kläger, darunter mehrere Mitglieder der Jungen Union (JU), führen an, dass der SSW im ganzen Land um Stimmen wirbt und sich nicht nur zu Minderheitenfragen äußert. Man habe nichts gegen die Dänen, aber die Sonderrolle sei „nicht mehr zeitgemäß“ und führe zu einem Ungleichgewicht der Stimmen.

Der SSW ist siegessicher und verweist auf frühere Gerichtsurteile. Weit aus dem Fenster lehnte sich Ministerpräsident Torsten Albig (SPD): Sollte das Gericht den Klägern Recht geben und damit die Mehrheit seiner „Küstenkoalition“ ins Wanken bringen, werde er zügig Neuwahlen anstreben, verkündete er im Sommer. Er rechne aber fest damit, dass das Gericht die Befreiung von der Sperrklausel bestätige.

Kommt es zur Auflösung des Landtags, wäre es das dritte vorzeitige Aus in Folge: 2010 ließ die CDU die Große Koalition durch eine fingierte Misstrauensfrage platzen, die schwarz-gelbe Regierung dauerte nur bis 2012, nachdem ein Verfassungsgerichtsurteils das frühere Wahlrecht für ungültig erklärt hatte.  EST