: Netanjahu bleibt zu Hause
ISRAEL Israels Premier sagt Teilnahme an Obamas Gipfel zur Atomsicherheit ab, weil er Kritik am israelischen Atomprogramm fürchtet und Zeit gewinnen will
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu will trotz vorheriger Zusage doch nicht an dem Atomgipfel nächste Woche in Washington teilnehmen. Er reagierte damit auf Berichte, dass Ägypten und die Türkei die internationale Konferenz zum Anlass nehmen könnten, Israel die Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags abzuverlangen. Netanjahu wird jetzt vom Minister für Nachrichtendienste und Atomenergie Dan Meridor vertreten werden.
Die Sicherung atomaren Materials vor dem Zugriff von Terroristen beschäftigt Netanjahu seit über 25 Jahren. Gerade angesichts des internationalen Terrors sieht er die Notwendigkeit der Kooperation demokratischer Staaten. Dass er sich dennoch davon abhalten ließ, nach Washington zu reisen, hat mehrere Gründe. Israel gehört zu den vier Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichneten. Offiziell bleibt die Regierung in Jerusalem vage, wenn es darum geht zuzugeben, dass der Staat Atomwaffen besitze. Dabei hatten sowohl der frühere Premierminister Ehud Olmert als auch Netanjahu in seiner ersten Regierungsperiode vor gut zehn Jahren einmal Irak und später Iran mit nuklearen Waffen gedroht, sollte Israel angegriffen werden.
Ein weiterer Grund für Netanjahus Absage dürfte die derzeitige diplomatische Eiszeit zwischen Washington und Jerusalem sein. Schon vor Tagen rechneten israelische Analysten damit, dass Netanjahu eher Außenminister Avigdor Lieberman schicken würde, als selbst zu fahren, um damit US-Präsident Barack Obama gegenüber Zeit zu gewinnen. Letzterer hatte Israel einen Zehn-Punkte-Katalog präsentiert mit dem Ziel, Israel und die Palästinenser zunächst zu indirekten Friedensverhandlungen zu bewegen. Jerusalems Antwort steht noch aus. Netanjahu, der sich bald dem Likud-Parteitag stellen muss, von dem er eine Verschiebung der Wahl des Parteichefs erhofft, zögert die Entscheidung hinaus. Dan Meridor, der jetzt reisen soll, ist als Minister für Atomenergie nicht nur fachlich der Richtige, sondern steht auch politisch links von Außenminister Lieberman.