: „Der Staat muss verhandeln“
MUSLIME Innenminister Thomas de Maizière will die Islamkonferenz neu ausrichten – Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime hält sie in ihrer jetzigen Form für unsinnig
■ 41, ist Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) und FDP-Mitglied und arbeitet als Publizist und Politikberater.
INTERVIEW SABINE AM ORDE
taz: Herr Mazyek, seit Innenminister de Maiziere Anfang März zur zweiten Runde der Islamkonferenz geladen hat, stellt sich der Zentralrat der Muslime quer. Was stört Sie?
Aiman Mazyek: Wir stellen uns nicht quer, sondern wollen im Gespräch mit dem Minister unsere Sorgen und Bedenken anmelden. Bisher hat er auf unser Dialogangebot nicht direkt geantwortet.
Im taz-Interview hat der Minister klar gesagt, er spricht nur mit Verbänden, die am Vorgespräch zur Islamkonferenz teilnehmen. Da waren Sie nicht. Noch einmal: Was stört Sie?
Die bisherige Konzeption der Islamkonferenz berücksichtigt die organisatorischen Strukturen der Muslime nicht. Die Muslime organisieren sich in den Moscheen, diese wiederum sind meist Mitglied in den Verbänden, die sich im Koordinierungsrat der Muslime zusammengeschlossen haben. Der vertritt den überwältigenden Teil der Moscheegemeinden. Gemessen am Neutralitätsgebotes des Staates finde ich es höchst bedenklich, wenn der Innenminister Einzelpersonen zu Islamvertretern macht und gleichzeitig legitimierte Mandatsträger von Verbänden relativiert.
Verbände stehen für 20 Prozent der Muslime in Deutschland, viele fühlen sich vom Koordinierungsrat nicht vertreten.
Das sagt das Innenministerium, vor zwei Jahren sprach es selbst noch von 15 Prozent. Wir beteiligen uns an diesen Zahlenspielereien nicht. Fakt ist: Das religiöse Leben findet nun mal voranging in den Moscheen statt und die Verbände des Koordinierungsrats vertreten davon den überwältigenden Teil. Der Staat hat keine andere Möglichkeit, als mit diesen Institutionen zu verhandeln, wenn er es ernst meint mit der Integration des Islam in Deutschland, denn es gibt schlichtweg keine anderen Verbände. Insbesondere für diese Gläubigen ist es existenziell wichtig, wie Deutschland den Religionsunterricht organisiert, wie Imame künftig ausgebildet werden, wie schlussendlich der Islam relgionsverfassungsrechtlich in den deutschen Staat integriert wird.
Die Dachverbände sind keine anerkannten Religionsgemeinschaften und Ziel der Konferenz ist es nicht, dies zu ändern.
Das ist genau, was wir kritisieren, denn es sollte sogar im Interesse des Staates sein, diese Anerkennung zu forcieren. Das Konzept und die Struktur der Islamkonferenz sind aber so nicht angelegt, da haben Sie recht. Der Grundfehler ist, dass der Innenminister sie als Integrationskonferenz versteht. Die Islamkonferenz macht aber nur dann Sinn, wenn sie religionspolitisch begriffen wird und eng an verfassungsrechtlichen Prinzipien arbeitet. Gegenwärtig ist allenfalls ein Debattenspektakel für weitere vier Jahre zu erwarten.
■ Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die muslimischen Einzelpersonen der Konferenz ausgetauscht und auch die Vertreter des Staates neu sortiert.
■ Das erste Plenum der neuen Islamkonferenz ist für den 17. Mai geplant.
■ Der Zentralrat der Muslime droht weiter mit Fernbleiben und macht seine Teilnahme von einem persönlichen Gespräch mit dem Minister abhängig.
■ Der Vorsitzende des Sachverständigenrates für Migration, Klaus Bade, forderte de Maizière (CDU) auf, die Sitzung der Islamkonferenz mit einer gezielten Informationspolitik zu begleiten. Er begrüße die Ankündigung de Maizières, „künftig mehr praktische Umsetzungsfragen in den Vordergrund zu stellen“.
Die Verbände erfüllen aber die Bedingungen nicht.
Ich weiß, dass es Mängel gibt. Aber dann müssen sich Staat und Verbände gemeinsam auf den Weg machen, um dafür eine Lösung zu finden. Für die Anerkennung sind aber die Länder zuständig.
Ist die Islamkonferenz für Sie dann schlicht überflüssig?
So krass würde ich es nicht ausdrücken, auch wenn das mit dieser Konzeption tatsächlich der Fall ist.