: Es war nur der Referent
SPARPLÄNE Sachsen-Anhalt will seine Hochschuletats zusammenkürzen. Die Regierung dementiert aber Pläne für ein „Uni-Schlachtfest“
AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH
Geradezu „erschüttert über soviel Schwachsinn“ zeigte sich Andreas Geiger, Rektor der Hochschule Magdeburg-Stendal. Sachsen-Anhalt will, wie schon im Frühjahr bekannt wurde, in den nächsten Jahren 50 Millionen Euro bei seinen Hochschulen einsparen. Für Geiger brachte nun ein internes Referentenpapier aus dem Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium das Fass zum Überlaufen. In der Vorwoche war es dem MDR zugespielt worden. Demnach sollen mehrere hundert Stellen im Hochschulbereich wegfallen, Standorte und Fachrichtungen geschlossen und bis zu 8.000 von derzeit 55.000 Studienplätzen abgebaut werden.
Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) will dem mit rund 21 Milliarden Euro verschuldeten Sachsen-Anhalt einen strikten Sparkurs verordnen. Das ostdeutsche Bundesland muss den Rückgang von Fördermitteln aus dem Solidarpakt, dem Länderfinanzausgleich und von der EU verkraften. Land und Kommunen sollen bis 2020 etwa 2,3 Milliarden Euro sparen. Neue Staatsschulden will die Landesregierung vermeiden. Für die Wissenschaft gibt Sachsen-Anhalt derzeit etwa 730 Millionen Euro pro Jahr aus.
Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) musste im April nach Differenzen im Kabinett über die Sparpläne gehen. Ihr Nachfolger wurde Hartmut Möllring (CDU). Aber auch der Koalitionspartner SPD ging auf Distanz zum eigenen Finanzminister Bullerjahn und zu Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).
Das jüngst bekannt gewordene drastische Sparpapier ist nach Angaben von Möllring aber keineswegs als Konzept des Wirtschafts- und Wissenschaftsministeriums anzusehen. Es habe „noch nicht einmal die Referatsleiterebene erreicht“. Eine Kabinettsvorlage sei erst Ende Oktober zu erwarten und werde mit den Hochschulen abgestimmt.
Nach Informationen von Peer Pasternack, Direktor des Instituts für Hochschulforschung der Universität Halle-Wittenberg, hat ein Referent lediglich aufgeschrieben, „welches Schlachtfest man veranstalten müsste, um in die Nähe der geforderten Einsparungen zu gelangen“. Schon seit etwa zwei Monaten würden Abgeordnete diese Informationen kennen und hätten sie wohl aus parteitaktischen Gründen nun an die Öffentlichkeit lanciert. Die Opposition kritisiert jedoch schon länger die Richtung des Sparkurses. Und an der Magdeburger Universität haben sich angehende Erstsemester bereits erkundigt, wie sie ihre Einschreibung widerrufen können.
Möllring hofft inzwischen auf eine Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern bei der Hochschulfinanzierung. Ein stärkeres Engagement des Bundes würde zu einer „spürbaren Entlastung führen“, sagte er. Pasternack ist skeptischer. Eine institutionelle Kooperation beträfe vermutlich nur die Spitzeneinrichtungen, mit denen sich der Bund schmücken könne. Das ist im Osten derzeit nur die TU Dresden.