Von Zeit zeugen

Senioren, die Geschichte(n) mitbringen: Zeitzeugen berichten einander und der nächsten Generation

„Meine Mutter fand es unanständig, die Liebesromane in der Zeitung zu lesen“, sagt Emmi Füllenbach. Das war in den 50er Jahren. Heute ist Emmi Füllenbach 84. Sie kramt in ihren Erinnerungen. „Als sie dann aber den Boden lackierte und dafür Zeitungen auslegen musste, habe ich die Romane heimlich gelesen.“ Alle zwei Wochen geht die Rentnerin zur Zeitzeugenbörse. Heute heißt das Thema „Benimm und Geselligkeit in den 50er Jahren“. Rund 15 Senioren treffen sich im Seniorenbüro Hamburg und machen es sich bei einer Tasse Kaffee gemütlich. Kein normaler Kaffeeklatsch, hier wird Geschichte geschrieben: In der Zeitzeugenbörse machen die Älteren seit 1997 Erlebtes lebendig. Sie gehen damit an die Öffentlichkeit und werden an Schulklassen und Medien vermittelt. Unter der Leitung von Wiebke Johannsen werden die Erinnerungen zu vorgegebenen Themen aufgefrischt. Daneben gibt die Gruppe vierteljährlich das Mitteilungsblatt „Zeitzeugen“ heraus, in dem sie die selbst erlebten Geschichten veröffentlicht.

Es wird viel gelacht, wenn hier die kleinen und großen Spitzen des Alltags zusammengetragen und persönliche Erfahrungen miteinander geteilt werden. Der Großteil der Anfragen komme von Schulklassen, die hauptsächlich am Nationalsozialismus und an Nachkriegsdeutschland interessiert seien, berichtet Carsten Stern. Mit 63 Jahren zählt er zu den jüngeren Zeitzeugen. Er betont aber auch: „Es handelt sich natürlich immer um subjektive Wahrheiten. Jeder erlebt ein Ereignis auf seine Weise.“ at

Die Geschichtsexperten des Hamburger Zeitzeugenbüros können unter der Telefon-Nr. (040) 303 99 507 „gebucht“ werden