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Endspurt in Italien

Zum Glück ist der Wahlkampf mit seiner brutalen Rhetorik jetzt vorbei. Die Linke unter Prodi erwartet mit ihren überhöhten Wahlversprechen den Sieg

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Der Wahlkampf ist in der Schlussrunde, und Romano Prodi redet nicht mehr von „christlicher Barmherzigkeit“. Wochenlang hatte der Führer der italienischen Linksopposition damit auf Silvio Berlusconis Schlammschlacht reagiert, auf die wüsten Attacken gegen „die Kommunisten“, die in China kleine Kinder gekocht hätten, um die Felder zu düngen, und die nun in Italien nach der Macht griffen. Spätestens seit Dienstag ist für Prodi das Maß voll. Als Berlusconi rundheraus die gesamte Wählerschaft der Linken zu „coglioni“ erklärte, zu saudummen Idioten, gab der Oppositionskandidat zurück, der Ministerpräsident habe „nicht mehr das Recht, unser Land zu repräsentieren“. Und als Berlusconi vorgestern mit der Forderung nachlegte, am Sonntag müssten UN-Wahlbeobachter nach Italien kommen, weil eine „Verschwörung“ der Presse, der Banken, der Justiz und der Linken im Gange sei, um ihn per Wahlbetrug um seinen Sieg zu bringen, da zuckte Prodi herablassend mit den Schultern. „Welcher Wahlbetrug? Der kontrolliert doch schier alles im Land“, gab er an Berlusconi zurück.

Schlicht verzweifelt sei sein Kontrahent, meint Prodi, der Ökonomieprofessor aus Bologna, der nach 1996 zum zweiten Mal beste Chancen hat, den Mailänder Medienzar zu schlagen. Die Leier von der „roten Gefahr“, vom „demokratischen Notstand“, der Italien bei einem linken Wahlsieg drohe, die wüsten Unterstellungen, Prodi wolle „die Grundsteuer verdreifachen“, während Berlusconi sie einfach abschaffen werde – all das perlt an ihm ab. Nur in einem Punkt trifft Prodi die ätzende Ironie der Rechten: wenn die darüber witzelt, Prodi sei ja „bloß ein prekär Beschäftigter“, der sich im nächsten Parlament ernsthaft auf nur fünf Abgeordnete verlassen könne. Genauso wie 1998, als Prodi als Ministerpräsident durch den Linksdemokraten Massimo D’Alema abgelöst wurde, müsse der Spitzenkandidat damit rechnen, von seiner eignen Koalition „verschrottet“ zu werden.

Prodi verweist dann gern darauf, dass diesmal alles anders sei als bei seinem ersten Wahlsieg vor zehn Jahren. Diesmal sei sein Bündnis, die „Unione“, viel stabiler – selbst die Kommunisten hätten jetzt den Koalitionspakt unterzeichnet. 1996 dagegen hatten sie die Mitte-links-Regierung bloß von außen toleriert. Außerdem kandidiert der harte Kern des Bündnisses – die Linksdemokraten und die Mitte-Partei Margherita – für das Abgeordnetenhaus auf der gemeinsamen Liste des „Ölbaums“, der allein über 30 Prozent zugetraut werden, und fast überall im Land ist Romano Prodi der Listenführer. Zu guter Letzt hat der Kandidat sich im Herbst ein überzeugendes Basisvotum abgeholt.

Einen „Neustart“ des Landes nach den Jahren des Niedergangs verspricht Prodi den Wählern. Kürzung der Lohnnebenkosten um 5 Prozent in nur einem Jahr, Einführung eines Kindergelds von 2.500 Euro jährlich, Senkung der Besteuerung von Zinsen auf Sparguthaben, drastische Einschränkung der prekären Arbeitsverhältnisse, Forschungs- und Bildungsoffensive – das sind nur einige der Versprechen.

Schwierigkeiten mit der Umsetzung dieses Programms würde ein Ministerpräsident Prodi aber nicht nur wegen der Finanzierungsprobleme bekommen. Über 4 Prozent Staatsverschuldung im letzten Jahr bei Nullwachstum – das lässt kaum Spielraum für große Sprünge. Zudem muss der „Professore“ sich mit Partnern einigen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Seine Koalition reicht von den Kommunisten bis zu den neoliberal argumentierenden Radikalsozialisten, von katholischen Lebensschützern bis zu radikalen Bürgerrechtlern, die zum Beispiel die Schaffung eingetragener Lebensgemeinschaften fordern. Selbst der versprochene Rückzug aus dem Irak könnte schnell zum Krach führen. Kommunisten und Grüne wollen den sofortigen Abzug, während die Mitte-Partei Margherita eine „graduelle Lösung“ befürwortet, um die USA nicht zu verprellen.

Wenn es dann knallen sollte, dann könnte Prodi sich tatsächlich auf nur fünf Abgeordnete verlassen: Fünf sichere Plätze auf der gemeinsamen Liste haben Linksdemokraten und Margherita dem Frontmann ohne eigene Partei zugestanden. Alle anderen Kandidaten wurden von den Parteien aufgestellt.

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