DAS DING, DAS KOMMT : Gut kalkulierte Entscheidung
DEN DOUGLAS-SIRK-PREIS bekommt die Schauspielerin Tilda Swinton auf dem Filmfest Hamburg verliehen. Dieses startet kommenden Donnerstag
Im Jahr 1995 hatte der ehemalige Festivalleiter Josef Wutz eine gute Idee. Er wollte zumindest eine große Persönlichkeit des Kinos zum Filmfest Hamburg locken und erfand dazu den Douglas-Sirk-Preis. Dass der jeweilige Preisträger auch immer einen neuen Film hat, der dann am Filmfest werbewirksam gezeigt wird, versteht sich von selbst. Dieses Jahr bekommt den Preis die Schauspielerin Tilda Swinton. Zu sehen ist sie in dem neuen Jim-Jarmusch-Film „Only Lovers Left Alive“. Das Filmfest Hamburg startet am kommenden Donnerstag und dauert zwei Wochen und zwei Tage.
Als Preisträgerin hat Swinton prominente Vorgänger. Im ersten Jahr kam Clint Eastwood, danach Stephen Frears, Jodie Foster und Peter Weir. 2006 kam Gérard Depardieu einfach nicht zur Preisverleihung, angeblich, weil er gerade als Obelix bei Dreharbeiten unabkömmlich war. Dass dies in letzter Minute dem Publikum im vollbesetzten Haus bekanntgegeben wurde, war ein Ärgernis. Doch ansonsten ist die Preisverleihung für das Filmfest ein Ritual, das viel Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Mit dem Preis wird auch immer an den erfolgreichsten, aber inzwischen fast vergessenen Regisseur der Stadt erinnert: Douglas Sirk wurde als Claus Detlev Sirk im Jahr 1897 in Hamburg geboren. Von 1923 bis 1929 war er Oberspielleiter am Bremer Schauspielhaus. Er begann Filme zu machen, weil die UFA, deren beste Regisseure emigriert waren, ihm 1934 einen Vertrag anbot. Mit „Zu neuen Ufern“ und „La Habanera“ inszenierte er ausgerechnet die beiden Filme, mit denen die Karriere von Zarah Leander als reichsdeutscher Filmstar begann.
Mit seiner jüdischen Ehefrau floh er 1937 aus Deutschland, nahm in den USA den englisch klingenden neuen Namen an und drehte ab 1943 in Hollywood Melodramen mit Titeln wie „Was der Himmel erlaubt“ und „In den Wind geschrieben“. Man kann sagen: Was Lubitsch für die Komödie und Hitchcock für den Thriller war, war er für den Taschentuchfilm.
Tilda Swinton kann man sich kaum in einem in der Tradition von Sirk gedrehten Film vorstellen. Ihre Arbeit mit Derek Jarman und Sally Potter in „Orlando“ machte aus ihr eine Ikone des subversiven, experimentellen, britischen Kinos. Man sah sie allerdings auch in Unterhaltungsfilmen wie „The Beach“ und als weiße Hexe in „Die Chroniken von Narnia“. In Jim Jarmuschs neuem Film „Only Lovers Left Alive“ spielt sie einen tragisch verliebten Vampir. Der Film ist eine deutsche Koproduktion und wurde von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein unterstützt. Einige Teile wurden sogar in Hamburg gedreht.
Tilda Swinton hat einen Preis wie diesen allemal verdient. Und die Entscheidung für sie ist gut kalkuliert. WILFRIED HIPPEN