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Archiv-Artikel

Sandsäcke zu Flutbechern

Bedrohte Altstadthäuser sind wieder trocken: Hochwasser gibt Lauenburg schneller als erwartet wieder frei und animiert die Anwohner zu T-Shirt- und Andenken-Verkauf. Beseitigung aller Schäden wird noch Wochen dauern

Wo vor einer Woche noch das Hochwasser der Elbe stand, sind jetzt unterspültes Kopfsteinpflaster, trockene Sandsäcke, Treibholz und ein mit Kreide auf eine Ziegelwand gemalter Wert zu sehen: 9,10 Meter steht an der Terrassenmauer des Restaurants „Zum Alten Schifferhaus“ in Lauenburg, dem Zentrum des Hochwassers in Schleswig-Holstein.

Doch schon am gestrigen Ostermontag war dieser Wert für die Touristen kaum noch vorstellbar: Schneller als erwartet hat sich das Hochwasser aus der Stadt zurückgezogen und die 100 bedrohten Altstadthäuser wieder freigegeben. Das Wasser steht jetzt nur noch bei 7,70 Metern. Normalerweise liegt der Pegel fast drei Meter niedriger.

Überall in der historischen Elbstraße wurde über Ostern gearbeitet. „Ich bin gerade fertig mit dem Aufräumen. Wir sind noch einmal davon gekommen“, berichtet Hajo Krasemann. Ein paar Häuser weiter haben Heike und Wolfgang Dietrich noch gar nicht mit dem Abbau ihrer Schutzmaßnahmen begonnen. „Wir sind noch zu erschöpft“, erklärt Heike Dietrich. Im Garten steht die Pumpe auf der Gartenbank, davor ein Sandsackwall. Hier stand das Wasser. Es stoppte nur wenige Zentimeter vor der Schwelle zum Haus.

Nachbar Krasemann nutzt seine neu gewonnene freie Zeit und verteilt Flugblätter, auf denen er eine Sammlung für die Jugendfeuerwehr ankündigt. Michael Kosog, der ein Geschäft für Souvenirs betreibt, verkauft T-Shirts mit entsprechenden Motiven. Ein paar Türen weiter überlegt sich Töpferin Karin Scherling, wie sie den neuen Flutbecher gestaltet. 2002 zur „Jahrhundertflut“, die 40 Zentimeter unter dem aktuellen Höchststand geblieben war, hatte sie ebenfalls einen Keramikbecher aufgelegt.

Auf 50.000 Euro schätzt Gastwirt Uwe Menzel den Schaden, den ihm das Hochwasser beschert hat. „Ein harter Schlag, aber das gehört dazu, wenn man so dicht am Wasser ist“, sagt er. Vor fast 800 Jahren war die Siedlung von Lauenburg entstanden. Damals nutzte man die Lage unmittelbar am Fluss. Hochwasser hat es seitdem immer wieder gegeben: 1855 und 1888 fuhren sogar Kähne durch die Elbstraße. Damals stand das Wasser 9,89 Meter hoch. „Aber jetzt scheint es öfter zu kommen“, fürchtet Menzel.

Es wird noch Wochen dauern, alle Schäden zu beheben. „Ich glaube, dass bald alle Spuren verschwunden sein werden“, sagt Bürgervorsteherin Kirsten Meissner. Schon am 21. Mai soll die Elbstraße zur Fischmeile glänzen wie neu. Timo Jann