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Archiv-Artikel

Knick in der Abi-Kurve

Hamburg hat als einziges West-Bundesland eine rückläufige Abiturientenquote – vor allem an den beruflichen Schulen

Schlechte Nachrichten vom Bundesamt für Statistik: Hamburg ist das einzige unter den alten Bundesländern, in dem die Zahl der Absolventen mit Fachhochschul- und Hochschulreife abnimmt. Das geht aus einer Fünfjahresstatistik hervor, die das Wiesbadener Amt jetzt aufgrund der Abschlusszahlen von 2005 erstellte. Während Länder wie Berlin und Baden-Württemberg seit dem Jahr 2000 mit Steigerungsraten von 22 und 26 Prozent kräftig zulegten und auch im Bundesdurchschnitt die Zahl der Studienberechtigten um 14,8 Prozent anstieg, fiel sie in Hamburg in dieser halben Dekade um 2,6 Prozentpunkte zurück.

Freilich ist dies noch ein kleiner Rückgang, auch in 2005 erreichten in Hamburg 34,7 Prozent eines Jahrgangs das Abitur und 11,9 Prozent die Fachhochschulreife – eine Quote, die auf 46,5 Prozent addiert nur noch vom Saarland (46,8 Prozent), von Hessen (47,7 Prozent) und von Nordrhein-Westfalen (52,4) übertroffen wurde.

„Wenn Hamburg als einziges Westland keinen Sprung nach vorne macht, ist das schon etwas, was uns Sorge bereitet“, sagt der SPD-Schulpolitiker Wilfried Buss, der nun in einer Kleinen Anfrage vom Senat exakte Zahlen verlangt. Der DGB-Vorsitzende Erhard Pumm sieht im Rückgang bereits die „Quittung für die bildungsfeindlichen Bedingungen, die der Senat seit Jahren schafft“.

Ein vertiefter Blick in die Statistik offenbart, dass der Rückgang an den beruflichen Schulen stattfand, wo Schüler auf verschiedenen Wegen das Fachabitur machen, welches zum Besuch der Fachhochschule berechtigt. Schafften dies vor fünf Jahren noch 2.521 Personen, so waren es 2004 nur noch 1.988. Bildungsbehörden-Sprecher Thomas John hat zwei Erklärungen dafür. So habe die Kultusministerkonferenz (KMK) 1998 die Richtlinien geändert, was im Jahr 2000 zu „zusätzlichen Kursauflagen“ für das Fachabitur an Fachschulen geführt habe, wie es sie in Hamburg beispielsweise für Erzieher gibt. Ferner sei ebenfalls 2000 der Zugang zur „Höheren Handelsschule“ durch Heraufsetzung der Notenschwelle erschwert worden. John: „Das führte dort zu einem Rückgang der Schülerzahlen.“

Beides waren Taten des bis 2001 regierenden rot-grünenSenats. Was aber nicht heißt, dass der jetzige CDU-Senat untätig blieb. Er setzte 2002 unter heftigem Widerstand von Schülern und Lehrern die Schließung der zweijährigen Fachoberschule (FOS) durch, die es mehreren hundert Realschülern ermöglichte, die Fachhochschulreife zu erlangen und zugleich praktische Erfahrungen zu sammeln. Wie Gewerbeschulleiter Hans-Günther Dittrich berichtet, hat im Jahr 2005 der letzte zweijährige FOS-Jahrgang Abitur gemacht. Die Wiesbadener Statistiker werden diese Absolventen 2006 vermissen und 2007 einen neuen Knick vermelden.

Kaija Kutter