Abgezockte wehren sich gegen WestLB

SPEKULANTEN Heute fällt erstmals ein obergerichtliches Urteil über die Landesbank. Das Institut hatte Städten und Gemeinden hochriskante Finanzprodukte angedreht – und in erster Instanz verloren

HAMBURG taz | Städte und Gemeinden in ganz Deutschland klagen über einen Milliardenverlust aus Zockergeschäften. Die waren Bürgermeistern und Kämmerern von Banken in den 2000er Jahren massenhaft aufgeschwatzt worden. Nun fällt heute in Düsseldorf die erste obergerichtliche Entscheidung über verlustbringende Finanzprodukte der ehemaligen WestLB.

Geklagt hatte die nordrhein-westfälische Stadt Ennepetal – und in erster Instanz vor dem Landgericht Düsseldorf auch gesiegt. Die Kleinstadt im südlichen Ruhrgebiet ist kein Einzelfall. Seit 2003 haben Banken gezielt Kommunen und kommunale Versorgungsunternehmen wie Stadtwerke angesprochen. Zur vorgeblichen Optimierung der Zinslasten wurden den Kommunen mehr oder weniger riskante Finanzdeals, sogenannte Swaps, angeboten.

Besonders hervor tat sich die Deutsche Bank, andere große Kreditinstitute wie Commerzbank, Hypo-Vereinsbank oder die nordrhein-westfälische Landesbank WestLB warben ebenfalls offensiv für ihre sogenannten Schuldenportfolioverwaltungen. Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW hatten laut Steuerzahlerbund daraufhin von 396 Kommunen 188 riskante Spekulationsgeschäfte abgeschlossen. „Deutschlandweit“, so die Interessengemeinschaft WestLB, ein Zusammenschluss mehrerer Opferkommunen, „geht man davon aus, dass die Schäden die Milliardengrenze weit überschreiten.“

Bürgermeister und Kämmerer vor allem von hoch verschuldeten Kommunen hofften, durch Zinswetten und Devisentransaktionen beispielsweise mit Schweizer Franken ihre Haushalte zu entlasten. Doch bei dem an sich ehrenwerten Versuch, die klammen Stadtkassen zwischen zu niedrigen Einnahmen, zu hohen Ausgaben und einem wachsenden Schuldenberg hindurchzulavieren, wurde in mancher Kommune voll auf Risiko gespielt.

Den dazu notwendigen unübersichtlichen Werkzeugkasten lieferten private und öffentliche Banken auf ihrer Jagd nach provisionsträchtigen Geschäftsabschlüssen. Dabei verbieten viele Gemeindeordnungen und Runderlasse der Innenministerien den Kommunen riskante Finanzgeschäfte. Doch im Regelfall dürften Politiker und Bedienstete in den meist kleineren Städten und Gemeinden fachlich überfordert gewesen sein, konnten die – so ein Anwalt – „finanziellen Massenvernichtungswaffen“ nicht durchschauen. In Nordrhein-Westfalen liegen mittlerweile 14 erstinstanzliche Urteile von verschiedenen Landgerichten gegen die ehemalige WestLB und deren Rechtsnachfolgerin, die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), vor. Lediglich die Stadt Remscheid unterlag vor dem Landgericht Düsseldorf.

„Sämtliche anderen Gerichte haben die Pflichtverletzung der ehemaligen WestLB erkannt und die EAA als Rechtsnachfolgerin zum Schadensersatz verurteilt“, berichtet Jochen Weck von der Kanzlei Rössner Rechtsanwälte in München. Das Landgericht Dortmund habe die Geschäfte sogar als sittenwidrig angesehen. In sämtlichen Fällen laufen die Berufungsverfahren vor den unterschiedlichen Oberlandesgerichten.

Der Streit „Ennepetal gegen WestLB“ dürfte mit der heutigen Entscheidung allerdings noch nicht abgeschlossen sein – und erst in letzter Instanz vom Bundesgerichtshof entschieden werden. HERMANNUS PFEIFFER