: Globalisierung gut
Wissenschaftliche Berater des Wirtschaftsministers wollen keine Mindestlöhne und weniger Kündigungsschutz
BERLIN taz ■ Zuerst die gute Nachricht: Die Globalisierung ist gar nicht so böse, wie man meint. Deutschland gewinne Jobs auf dem offenen Weltmarkt, erklärte gestern Axel Börsch-Supan, der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundeswirtschaftsministerium. Die zweite Aussage Börsch-Supans empfinden viele Menschen allerdings als schlechte Nachricht: Um weiter konkurrenzfähig zu bleiben, müsse die soziale Sicherheit hierzulande zumindest vorübergehend weiter abnehmen.
Von seinem Beratergremium, das eher selten in Erscheinung tritt, lässt Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sich mit Argumenten versorgen. Glos will den Kündigungsschutz stärker lockern, als es die Koalitionsvereinbarung mit der SPD vorsieht. Außerdem steht er der Einführung von Mindestlöhnen skeptisch gegenüber – und liegt auch darin mit den Sozialdemokraten über Kreuz. Auf genau diese Haltung laufen auch die Empfehlungen des Beirates hinaus.
Börsch-Supan schlägt vor, den Kündigungsschutz in Betrieben mit bis zu 20 oder auch mehr Arbeitsplätzen komplett aufzuheben. Dadurch würden kleine Firmen ermutigt, neue Beschäftigte einzustellen. Schließlich könnten sie ihr Personal im Notfall auch leicht wieder loswerden, so Börsch-Supan. Heute endet die kündigungsschutzfreie Zone bei 10 Beschäftigten. Diese Position der Wissenschaftler entspricht weitgehend dem, was gestern auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), eine Wirtschaftslobby, forderte.
Außerdem sprach sich der Beirat gegen die Einführung von Mindestlöhnen aus. Diese verhinderten, dass die deutschen Löhne auf internationales Niveau fallen und dadurch Jobs im Inland gesichert würden. Börsch-Supan räumte freilich ein, dass die Wissenschaft sich nicht im Klaren sei, ob Mindestlöhne, die es in vielen Staaten gibt, tatsächlich Jobs vernichten – oder nicht.
Um den Wettbewerbsdruck der Globalisierung zu parieren, müsse Deutschland die „Ausstiegs- und Einstiegskosten“ auf dem hiesigen Arbeitsmarkt reduzieren, so das theoretische Credo des Beirates. Branchen mit „alten“ Produkten (Bergbau, Autoindustrie) sollten ihre Belegschaften billiger abbauen können, ohne damit hohe gesellschaftliche Kosten zu verursachen. Konkret hieße das: weniger Frühverrentung, weniger Subventionen, weniger Sozialpläne. Denn all das koste Geld, das dann nicht mehr für die Modernisierung der Produktion zur Verfügung stehe. Andererseits müsse es „neuen“ Branchen (Software) ermöglicht werden, unkomplizierter neues Personal einzustellen. Ergo: weniger Kündigungsschutz. Im Prinzip gehe es nur darum, so Börsch-Supan, das Modernisierungstempo in den Unternehmen zu erhöhen.HANNES KOCH