: Fünf Sterne Deluxe
FUSSBALLER-HOTEL Das Velmore Grande ist die Heimat der DFB-Elf bei der WM in Südafrika. Wie sicher es ist, weiß keiner. Aber es ist der schönste Platz auf dieser Erde. Ein Rundgang
AUS ERASMIA KLAUS RAAB
Zum Aufenthaltsort von Deutschland führt, von Pretoria aus, der Weg über eine kleine Brücke, die den Fluss Hennops quert. Nach der Brücke folgt ein Schlagloch von mittlerem Berliner Format, bevor eine kleine Baumgruppe erreicht wird. Hinter ihr geht es scharf nach rechts. Ein Anwesen von der Größe eines kleinen südafrikanischen Townships tut sich auf.
Als der Taxifahrer das Hotel erblickt, sagt er: „Ah, okay! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wo in Erasmia wohl Michael Ballack untergebracht werden könnte.“ Das Velmore, auf halbem Weg zwischen Pretoria und Johannesburg, scheint ihm angemessen. Es handelt sich um ein Luxushotel, bestehend aus einem 2007 eröffneten Vier-Sterne- und einem 2009 eröffneten Fünf-Sterne-Gebäude. Hier soll das Team des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) während der Weltmeisterschaft in Südafrika unterkommen.
Der Flughafen Lanseria ist nah, viele Stadien sind nah, es gibt einen Weinkeller, Terrakottabottiche, Springbrunnen, Spaziergarten, WLAN, Zimmersafes. Und es gibt – Trainer Joachim Löw wurde während der Europameisterschaft 2008 mit Zigarette abgelichtet, wer weiß also, wann man sie mal braucht – mindestens drei verschiedene Aschenbecher. Einer ist aus Aluminium (Foto 1); da er im Frühstücksraum steht, also im auch für den Trainer einsehbaren Gemeinschaftsbereich, dürfte er jedoch kaum Verwendung finden. Es gibt den ganz großen Aschenbecher – etwa sieben Hektar Freiluftbereich. Und es gibt einen aus schwerem Glas (Foto 2). Falls einmal der Selbstverteidigungsfall eintritt, liegt er besonders gut in einer erwachsenen Hand.
Die Sicherheitsfrage
Kann dieser Fall eintreten? Vor kurzem schrieb die südafrikanische Times, Geheimdienst und Polizei hielten das Velmore für „unsicher“, man empfehle dem deutschen Team, dort nicht Quartier zu beziehen. Eine andere Frage ist aber, warum solche Sorgen jetzt, kurz vor der WM, öffentlich werden und nicht schon bei Hotelbuchung. Offensichtlich geht es auch um eine fehlende Genehmigung für den Bau des neuen Fünf-Sterne-Trakts. Der Kölner Express vermutet einen Bestechungsskandal. Bild schreibt mehr über Schwarzarbeit als über Sicherheitsbedenken und sieht „Gelassenheit beim DFB“. Und das Handelsblatt zitiert einen „deutschen Experten in Pretoria“, der ein Missverständnis vermutet.
Man weiß also wenig. Daher zum Wesentlichen: zum schönen Leben am Pool. Der Pool liegt, von den Frontseiten der Hotels aus gesehen rechter Hand, hinter einem kleinen Rundbogen. Pool-Handtücher werden auf Anfrage ausgegeben. An der Rezeption, über die auch Babysitter zu buchen sind, können Briefe aufgegeben werden. Es ist möglich, an jedem Ort silberne Sessel aufzustellen, Träger halten sich bereit (Foto 3). Zusätzliche Decken befinden sich im Schrank. Akzeptiert werden alle gängigen Kreditkarten. Kopiergerät und Zimmerfön sind vorhanden. Sollte einmal ein Malheur passieren, das man dem DFB-Wäschedienst nicht anvertrauen möchte – es gibt einen Laundry-Service. Ein Rock wird für 38 Rand gewaschen, also etwa zum Preis einer deutschen Stadionwurst.
Da jedoch ein Hotel, das ein DFB-Team während einer Fußball-WM beherbergt, ein Ort ist, an dem Geschichte geschrieben wird, im schlechten Fall auch die Geschichte eines Lagerkollers, reicht üblicher Standard nicht: Von der Gruppendynamik hängt das sportliche Abschneiden mit ab, weshalb das Velmore spezielle Ansprüche erfüllen muss, etwa an Auslauf- und Entertainmentmöglichkeiten sowie beim ästhetischen Gesamteindruck.
Was Unterhaltungs- und Fortbildungsmöglichkeiten angeht: Die nächste Shoppingmall befindet sich 25 Minuten entfernt; sie heißt „The Redds Mall“. Der berühmte Löwenpark ist in der Nähe. Ausritte auf Pferden sind möglich. Playstations müssen zwar mitgebracht werden, sind aber TV-systemkompatibel.
King-Size-Betten für alle
RTL kann man von der Badewanne aus sehen, die, das betont Hotelmanager Heinz Mulder, nicht als Dusche benutzt werden muss: „Unsere Bäder bestehen aus Bad und Dusche, nicht aus einer Kombination.“ Da alle Spieler Einzelzimmer (King-Size-Bett von 2,20 mal 1,80 Meter) haben werden, können sie also gleichzeitig duschen und baden. Falls sie darüber hinaus noch gleichzeitig groß und klein müssen: Eine Toilette befindet sich im Nassbereich des Zimmers. Eine zweite, die öffentliche, auf dem Weg zum im sonst als Konferenzraum „La Bastille“ genutzten Fitnessbereich (Foto 4).
Der Gesamteindruck: Das Fünf-Sterne-Hotel „Velmore Grande“, in dem Spieler und Trainer wohnen, ist mit Minibars ausgerüstet, und es bricht die provencalische Ästhetik des Außengeländes im Innenbereich mit einem Manhattan-Slick genannten Retro-Modern-Upper-class-Look („aber sehr retro“, wie Mulder sagt). In den Zwischenetagen und Fluren besteht die Chance der Selbstreflexion in hochwertigen Rundspiegeln. Eine Vase im Stil einer lang gezogenen Discokugel (Foto 5) erinnert die Fußballfachkraft daran, dass sie ein glamouröses Leben führt.
In den Zimmern des Vier-Sterne-Hotels „Velmore Hotel“ gibt es im Preis inbegriffenes Instant-Kaffeepulver, das Hotel ist jedoch konventioneller gestaltet. Blumenvasen etwa dienen hier in den Fluren nur als Bildmotiv (Foto 6). Da hier das nicht Fußball spielende DFB-Personal schläft, spielt das jedoch eine vernachlässigbare Rolle für den Erfolg der nationalen Mission.
Vor einer kleinen Falle muss gewarnt werden: Die Seife ist doppelt verpackt. Unter der Folie befindet sich eine weitere Plastikfolie, die sich nahezu unsichtbar auf das runde Seifenstück schmiegt. Da auf dem hohen Leistungsniveau, auf dem sich bei der WM alle Teams begegnen, Details entscheidend sein können, sollte auch die untere Schicht vor dem Waschen entfernt werden. Es geht um Deutschland.