Botschafterrückzug

KOLUMBIEN Gesandter in Wien tritt nach Vorwürfen ab, Menschenrechtsverletzungen gedeckt zu haben

WIEN taz | Kolumbiens Botschafter in Österreich legt wegen Vorwürfen, in Kriegsverbrechen verwickelt zu sein, sein Amt nieder. Der 65-jährige Exgeneral Freddy Padilla de León soll laut einem Dossier des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) aus Berlin außergerichtliche Hinrichtungen gedeckt haben. Vergangenen Mittwoch hatte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck bei einer Veranstaltung in Wien gefordert, Österreich möge den Diplomaten zur Persona non grata erklären. Schon im August sei das Dossier dem Außenministerium übergeben worden. Österreich dürfte darauf in Bogotá die diskrete Abberufung des Botschafters empfohlen haben. Kolumbiens Staatskanzlei ließ jedenfalls am Montag wissen, Padilla habe schon vor einem Monat sein Rücktrittsgesuch eingereicht.

Während Padillas Amtszeit als Oberbefehlshaber der Streitkräfte wurden Hunderte unbeteiligte Zivilisten von der Armee ermordet, in Tarnanzüge gesteckt und als gefallene Guerilleros präsentiert. Soldaten bekamen damals Sonderzahlungen als Kopfprämie. Von 1996 bis 2008 wurden 3.345 solcher Fälle – bekannt als „falsos positivos“ (falsche Gefallene) – dokumentiert. Padilla war ab 2002 Generalinspektor der Streitkräfte, 2003 bis 2006 Generalstabschef und 2006 bis 2010 Oberkommandierender. Für Kaleck ist es schwer vorstellbar, dass Padilla von diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nichts gewusst habe.

Als Padilla 1998 die VII. Armeebrigade befehligte, verübten Paramilitärs, mit denen die Armee oft kooperierte, ein Massaker an 20 Zivilisten. Padilla war von Kirchenleuten und dem lokalen Ombudsmann, die den drohenden Überfall im Dorf Caño Jabón kommen sahen, um Schutz gebeten worden, griff aber nicht ein. Gegenüber der Wochenzeitung Falter wies die Botschaft jetzt alle Vorwürfe zurück. Ein Nachfolger steht schon fest: General Tito Saúl Pinilla wird als dritter hohen Militär in Folge Kolumbien in Wien vertreten. RALF LEONHARD