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Archiv-Artikel

Wenig Hoffnung aufs Gericht

Volker Kröning sitzt für die Bremer SPD im Bundestag. Von ihrer Sanierungsstrategie hält er wenig: Niemand würde in einen nationalen Entschuldungsfonds einzahlen, warnt der Finanzexperte

von Klaus Wolschner

Wenn am heutigen Mittwoch um 10 Uhr in Karlsruhe das Bundesverfassungsgericht zusammentritt, wird der Bremer Finanzsenator Ulrich Nußbaum mit einer großen Delegation gespannt auf der Bank sitzen. Verhandelt wird – am Beispiel Berlin – die Frage, ob die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern verfassungskonform ist. Vom Ausgang der Verhandlung hängt viel ab: Bremen hat sich mit seiner Klage stark an das Berliner Verfahren angelehnt.

Der frühere Bremer Finanzsenator Volker Kröning, der inzwischen im Bundestag sitzt und die Finanzdebatte aus Berliner Perspektive mitgestaltet, hat sich schon vor Monaten eher skeptisch über den Sinn einer Bremer Klage geäußert. Die habe „nur noch eine Eventualfunktion für den Fall, dass Berlin obsiegt“, sagt Kröning heute. Seine Prognose: „Wenn man die Entschuldungsforderungen von Berlin, dem Saarland und Bremen addiert, kommt man auf 50 bis 85 Milliarden Euro. So weit wird auch das Gericht rechnen.“ Das bedeutet: Der Fall ist nicht mit einer einfachen Entschuldung zu lösen, zumal acht weitere Bundesländer am Rande der Haushaltsnotlage stehen. Kröning setzt darauf, dass das Gericht die Verantwortung für die Lösung an die Politik zurückgibt und eine „Bundesstaatsreform“, wie er das nennt, verlangt. Also eine neue Finanzverteilung im Rahmen der Föderalismusreform Teil II. „Ich würde es für eine große Hygieneleistung halten, wenn nicht wieder das Gericht die Politik macht, sondern die Politik in die Pflicht nimmt.“ Dass das Verfassungsgericht wie 1992 das Thema Neugliederung auf die Tagesordnung setzt, vermutet Kröning nicht: „Das ist ein Holzweg, weil der Bund dagegensteht. Der Bund kann kein Interesse daran haben, dass es nur wenige, starke Länder gibt. Dann würde er völlig unregierbar.“

Skeptisch ist Kröning vor diesem Hintergrund auch, was den von der SPD-Fraktion ins Spiel gebrachten „nationalen Entschuldungsfonds“ angeht. Wer würde auch nur „einen Cent für einen solchen Fonds zahlen“? Die Debatte um einen solchen Fonds eint lediglich die Nehmerländer. Kröning empfiehlt dagegen für Bremen eine Bündnispolitik „hin zu den starken Bundesländern“.

Selbst der Sachverständigenrat habe empfohlen, so Kröning, die Steuerverteilung stärker an die Wirtschaftsleistung zu binden. Dies war schon die Linie, die Henning Scherf und sein Staatsrat Reinhard Hoffmann eingeschlagen hatten und die ihnen in Bremen die Kritik eingehandelt hatte, sie säßen den Bayern auf dem Schoß. „Völlig unqualifiziert“ sei diese Kritik, die hinter vorgehaltener Hand auch in der SPD zu hören ist, sagt Kröning. Immerhin hätten Bayern und Bremen gemeinsam in der Föderalismuskommission dafür gestimmt, dass die Länder mehr Steuerautonomie bekommen. Wie Bremen diese Gestaltungsspielräume nutzen müsste, ist für Kröning klar: „Ich gehe davon aus, dass sich Bremen langfristig nur halten kann, wenn es seinen Aufwand viel stärker begrenzt als jetzt noch und andere Prioritäten setzt, die den privaten Sektor stärken.“